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32 | Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten
18. Jahrhundert zur Aufhebung vieler österreichischer Klöster führte.3 Die Abteien
wurden dem neuen Zeitgeist entsprechend ihrer Selbstständigkeit beraubt, Bibliothe-
ken und Archive auseinandergerissen und an verschiedene Institutionen verteilt, Ar-
chivalien skartiert und das Vermögen etlicher Klöster dem Religionsfonds übertragen.
Während der gesamten Zeit dieser Glaubenskämpfe, kriegerischen Auseinanderset-
zungen und ideologischen Konfrontationen bürdete das Kaiserhaus der Geistlichkeit
hohe finanzielle Abgaben zur Unterstützung der kaiserlichen Heere auf. Gleichwohl
waren die Mönchsgemeinschaften in der Lage, den Forderungen des Kaisers nach-
zukommen, da adlige Stifter seit jeher die landständischen Abteien mit Ländereien,
robot- und abgabepflichtigen Leibeigenen, Zollrechten, Gewinnen aus der Gerichts-
barkeit und anderen Möglichkeiten zur Erschließung wirtschaftlicher Erlöse bedacht
hatten, um die ökonomische Unabhängigkeit der Klöster zu sichern.4 Die Stifte konn-
ten sich daher im 17. Jahrhundert in wirtschaftlicher Hinsicht konsolidieren. Ins-
besondere seit dem zweiten Drittel prosperierten sie dermaßen, dass sie außer den
hohen Kriegskontributionen auch die Renovierung ihrer mittelalterlichen Abteien
finanziell zu tragen imstande waren.5 Auf dem Land traten in Österreich nun beson-
ders die alten Orden – die Benediktiner- und Zisterzienserkonvente, die Augustiner-
Chorherren und die Prämonstratenser – als die dominierenden Kunstmäzene hervor.
Vergleichbares geschah in den großen Städten mit ihrer stetig anwachsenden Bevöl-
kerungsdichte : Franziskaner, Dominikaner und Jesuiten sowie andere Reform- und
Bettelorden wurden berufen, um im Sinne der Gegenreformation seelsorgerische Auf-
gaben zu übernehmen. Das führte zur Gründung von Klöstern und Kollegien sowie
zur Errichtung neuer Gotteshäuser. Der hohe Adel und das Kaiserhaus veranlassten
im 17. und 18. Jahrhundert Kirchenneubauten sowie die Umgestaltung bereits beste-
hender Sakralräume, die man mit Kapellen, Altären, Gemälden und Skulpturen oder
einer völlig neuen Einrichtung versah.6 Hinzu kamen die Bemühungen finanzkräf-
tiger geistlicher Bruderschaften, die am Kunstgeschehen regen Anteil nahmen.7 All
dies verlieh den Gewerken einen immensen Aufschwung. Künstler und Handwerker
kamen von weither auf den Baustellen zusammen, um sich dort zu verdingen, falls sie
3 Winner, Klosteraufhebungen (1967) ; Schwaiger/Heim, Orden (2002), 72–75 ; Beales, Klöster (2008),
209–223, 324–344.
4 So verfügte beispielsweise das Stift Rein in der Steiermark im frühen 18.
Jahrhundert über bedeutenden
Eigenbesitz mit etwa 1000 zinspflichtigen Untertanen. Mausser, Stift Rein (1949), 36–37.
5 Allgemein zur Barockisierung von Klöstern Engelberg, Renovatio ecclesiae (2005).
6 Vgl. hierzu das einführende Kapitel.
7 Zu Bruderschaften neuerdings Rabl, Ite ad Joseph (2015), bes. 102–170. Rabl untersuchte die Lilienfel-
der Erzbruderschaft des hl.
Joseph. Inwieweit sich ihre Forschungsergebnisse auf andere Bruderschaften
übertragen lassen, wäre zu überprüfen.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693