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Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten |
35Tischlerwerkstätten
in Wi
den Wohnungen jeweils auch die Werkstätten befanden, da Tischler, anders etwa als
die auf den Baustellen arbeitenden Zimmerleute, zu den heimverbundenen Handwer-
kern zählten.21 Wie jene Wissenschaftler, Künstler und Handwerker, die Kaiser Franz
I. (1708–1765) in seinem 1740 erworbenen Wiener Palais in der Wallnerstraße be-
schäftigte, lebten und werkten (?) verschiedene Tischler in Palais des Hochadels, etwa
Lambrecht Brandl (†
1700) und Paul Podner (†
1738) im ehemaligen Palais Liechten-
stein in der Wiener Herrengasse, Philipp Schwab (1702–1764) in einem zum früheren
Palais Kaunitz in der Wiener Rossau gehörenden Gartengebäude, weitere Tischler in
Häusern der Familien Herberstein und Harrach.22 Vermutlich standen diese Hand-
werker unter der besonderen Patronage der Adelsfamilien ; sie werden nicht ihre ein-
zigen, aber doch die Hauptauftraggeber gewesen sein.23
Von Florenz wissen wir, dass gewöhnliche Handwerker in den verschiedenen
Stadtvierteln in ihren eigenen Betrieben arbeiteten. Dagegen richteten die Medici
für besonders qualifizierte Kunsthandwerker schon im ausgehenden 16. Jahrhun-
dert die großherzoglichen Ateliers im Westflügel der Uffizien ein. Den Hoftisch-
lern, die übrigens häufig aus dem deutschsprachigen Kunstraum kamen, wiesen sie
Schreinereien mit den benötigten Werkzeugen und Arbeitsmaterialien zu.24 Ande-
res lässt sich von Paris berichten : Dort unterhielten zünftige Ebenisten ihre Werk-
stätten in diversen Stadtbezirken, aber Kunsttischler, die sich den Erwerb des teu-
ren Meistertitels nicht leisten konnten, waren häufig in Arrondissements ansässig,
die unter dem Schutz von Klöstern standen und damit dem Reglement der Zünfte
nicht unterlagen. Einer Reihe von Hofhandwerkern wurden seit den 1660er-Jahren
Ateliers in der Manufacture royale des tapisseries et des meubles de la Couronne überlas-
sen, andere, wie der Ebenist André-Charles Boulle (1642–1732), besaßen neben den
Ateliers im Louvre auch eigene Werkstätten. Vergleichbares gab es in Wien nicht ;
abgesehen von der kleinen Gruppe der oben genannten Handwerker übten hier die
Tischler, auch die Hoftischler, ihren Beruf in eigenen Betrieben aus. Allerdings
mussten Letztere den Hofstaat auf Reisen begleiten, konnten aber dort, wo sich
der Hof gerade aufhielt, Werkstätten und Läden unterhalten.25 In Wien hatten
Haupt, Hofhandwerk (2007), 78–90, für das 17. und 18. Jahrhundert als Hausbesitzer in der inneren
Stadt lediglich neun Hof- und hofbefreite Tischler nach.
21 Knittler, Handwerk (1980), 73 ; Brunner, Haus (1994), 76.
22 Witt-Dörring, Möbelkunst (1978), Bd. 1, bes. 58–59 ; Haupt, Hofhandwerk (2007), 254, 264 ; Wagner,
Furniture (2013), 50 ; ders., Regesten (2014), ad voces.
23 Vgl. hierzu die Rolle des Tischlers Wolfgang Rachinger beim Bau der Priesterseminarkirche in Linz.
24 Bohr, Entwicklung (1993), 13–18, mit weiteren Literaturhinweisen. Durch bereitgestellte Ateliers und
regelmäßige Gehälter wurden Maler schon in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an den burgun-
dischen Hof gebunden. Warnke, Hofkünstler (1996), 34–35.
25 Das entsprach einem alten Brauch, da sich im Tross des reisenden Hofstaates natürlich Handwerker
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693