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Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten |
49Zu
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Pappelholz ist ein Charakteristikum österreichischer Barockmöbel, das sie von Mö-
beln aus dem deutschen Raum unterscheidet.74 Meist besitzt diese Holzart, die relativ
weich ist und sich deshalb gut verarbeiten lässt, noch ihr natürliches Aussehen, manch-
mal, etwa an Möbeln in der Bibliothek der Abtei Kremsmünster oder an Beichtstühlen
der Stiftskirche in Zwettl (Abb. 271, 307, 308), ist es jedoch eingefärbt, womit es
dem Erscheinungsbild von Schildpatt erstaunlich nahekommt. Möglicherweise diente
Pappelholz tatsächlich als Imitat für das exotische Material, was der barocken Leiden-
schaft für die Verwendung von Werkstoffen, die das Auge des Betrachters täuschen,
gut entsprochen hätte.75 Zudem spielten bei der Verwendung von Ersatzstoffen na-
türlich auch finanzielle Aspekte eine Rolle. So ließen sich bei der Verwendung von
Pappelholz, einem typischen Augewächs, Anschaffungs- und Transportkosten niedrig
halten, denn es steht zumindest heute in nahezu unbegrenzter Menge in den Do-
nauauen und angrenzenden Flusstälern zur Verfügung, und wahrscheinlich war das in
der Frühen Neuzeit nicht anders.76
Zur Herstellung bildlicher Darstellungen diente im Osten Österreichs häufig
brandschattiertes Ahorn- oder Buchenholz, selten Buchsbaumholz. Eingravierte und
geschwärzte Binnenzeichnungen verliehen ihnen räumliche Tiefe, wurden aber bei
Restaurierungen selbst im fortgeschrittenen 20. Jahrhundert noch sehr oft abgeschlif-
fen, sodass sich ursprünglich dreidimensional erscheinende Ornamente heute in vielen
Fällen flach und zweidimensional präsentieren. Das schlichte Apfelholz kommt an
barocken Tischlerarbeiten ebenso selten vor wie das dekorative Kirschbaumholz, letz-
teres sollte in Österreich erst mit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert größere
Bedeutung erlangen. Die tiefbraune bis schwarze Mooreiche ist an den im Katalog be-
schriebenen Möbeln nicht zu belegen, Ebenholz lediglich an Arbeiten in Melk, Lam-
bach und Seitenstetten, und dort auch nur in Form feiner, aber markant hervortreten-
der Ornamente (Abb. 216, 218, 247, 319). Rosenholzstücke wurden unlängst bei der
Restaurierung des Laiengestühls der Karlskirche bestimmt (Farbtaf. 04), eine Nach-
frage nach anderen Edelhölzern oder nach ihrem häufigeren Gebrauch bestand bei der
Herstellung sakraler Ausstattungen in den österreichischen Kernländern nicht.77
74 In Deutschland fand Pappelholz kaum Verwendung, in Italien dagegen häufig, etwa beim Bau von Mö-
belrückwänden. In Deutschland, besonders im Norden, griff man im frühen 18.
Jahrhundert noch selten,
im 19. dann recht häufig auf das ähnlich aussehende, aber härtere Birkenmaserholz zurück. Makrosko-
pisch sind die beiden Holzarten nur schwer zu unterscheiden.
75 Häufig wurden für Schildpattimitate Platten aus Elfenbein oder Horn verwendet. Eine günstigere Va-
riante war die Imitation des kostbaren Materials durch den Auftrag bestimmter Lacke. Vuilleumier,
Schildpatt (1988) ; Michaelsen/Barthold/Weißmann, Helffenbein (2003), bes. 195.
76 Freundlicher Hinweis von Michael Grabner, Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Holztech-
nologie und nachwachsende Rohstoffe, UFT Tulln.
77 Den Hinweis auf das Rosenholz verdanke ich Peter Kopp, in dessen Atelier die Möbel restauriert wur-
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693