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145Augustinerkloster
die nur einige Jahre zuvor unter der Leitung
von Matthias Steinl (1643/44–1727) entstan-
den waren : Der Baluster findet sich auch an
den Möbeln der Peterskirche, doch legt sich
dort ein breites Palmblatt diagonal über die
Wange. Verbindet man die großen Voluten
an den Bankdocken in der Augustinerkirche
mit einer imaginären Linie, ergibt sich eine
vergleichbare Gestaltung, wenn auch weniger
deutlich aus der Großform heraus entwickelt.
Schließlich wäre noch auf die Engelsköpfe
über dem Gesims von Straubs Bänken hinzu-
weisen. Auch dieses Motiv übernahm Straub
wahrscheinlich von Steinl, dessen Gestühl zu
Dreiergruppen zusammengefasste Cherubim
zieren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass
die Groß- und Detailformen der Bänke in der
Peterskirche als Muster bei der Gestaltung der
Möbel in der Augustinerkirche dienten.
Wie die relevante Literatur betont, erklärt
sich die Wahl anderer Ornamente dagegen
möglicherweise aus einer früheren Zusammenarbeit Straubs mit Joseph Effner
(1687–1745). Die beiden Bildhauer waren bis 1725 in der Münchner Residenz und
im Schloss Schleißheim tätig.17 Tatsächlich kommen Ornamentmotive wie die aus
Blüten wachsenden Ranken und an einem Stoffband hängenden Gegenstände auch an
Arbeiten Effners vor.18 Außerdem ist eine Rezeption französischer Vorlagenstiche mit
vergleichbaren Dekorformen von Jean Lepautre (1618–1682), Paul Androuet Ducer-
ceau (um 1630–1710) oder Jean Bérain (1637–1711) in Betracht zu ziehen.19
Das Motiv der Gehänge mit sakralen Gerätschaften, nach einer These von Julia Gierse
wohl die Invention eines italienischen Künstlers, wurde in Süddeutschland erstmals um
17 Woeckel, Kirchengestühl (1973), 24 ; Steiner, Straub (1974), 37.
18 Kreisel/Himmelheber, Deutsche Möbel, Bd. 2 (1983), Abb. 353, 354 und 361 mit Vertäfelungen aus
dem Neuen Schloss in Schleißheim und einem Tisch aus Schloss Nymphenburg.
19 Hierzu etwa die Blätter in der Ornamentstichsammlung des Wiener MAK mit der Signatur KI 10380-5
oder KI 10386-4 sowie Berliner/Egger, Vorlageblätter (1981), Bd. 1, 93, Bd. 3, Abb. 1129–1131. Die
Blätter zeigen Kriegstrophäen an Bändern. An Bändern hängende Fruchtbündel sind ein Motiv, das
seit der Renaissance bekannt ist und beispielsweise die Füllungsfelder des Chorgestühls im Wiener
Stephansdom aus den 1640er-Jahren ziert (Abb. 73). 09 Laiengestühl, Bankwange. Johann
Baptist Straub, um 1730/34
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693