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202 | Sakralbauten in Wien
menten situiert sind. Ein verkröpftes Gesims schließt die Vorder- und Rückwände
ab.
Die Bankwangen zeichnen sich durch ein auffallend konservatives Gepräge aus,
vielleicht handelt es sich sogar um ältere Wangen, die hier als Spolien Verwendung
fanden. Bei symmetrischem Aufbau setzen sich ihre Seiten aus geraden Kanten und
Bögen zusammen, die in der oberen Hälfte ein geschweiftes Trapez formen. Auf einem
in der Mittelachse angeordneten Pilaster lastet ein verkröpftes Gesims, das den Do-
cken in Verbindung mit aufgeleimten Profilstäben ein optisches Gerüst verleiht. Ein
ähnlich schlichtes Aussehen von Bankwangen kennen wir beispielsweise vom Ratsher-
rengestühl im Wiener Stephansdom (Abb. 75), das auf die Zeit um 1640 oder 1650
zu datieren ist, oder von Bänken in der ehemaligen Zisterzienserabtei Neuberg an der
Mürz, die vermutlich im zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts entstanden.94 Als zu-
sätzliches Schmuckelement treten an den Möbeln in der Rochuskirche Flammleisten
hinzu, die Füllungsfelder und Binnenflächen an den Stützen rahmen.
Die Pulte und Wangen des Gestühls bestehen aus Eichenholz, Rückwände, Sitz-
und Kniebänke aus gebeiztem Nadelholz. Das Abschlussgesims der Bänke ist mit
Messingbändern beschlagen.
2 Beichtstühle
Wien, um 1690/1700
HS 18 cm
H 240 cm (+ 18 cm) x B 220 cm x T 120 cm
Eiche, Nadelholz, dunkel lasiert. Messing, Eisen, teilweise verzinnt
Wie das bei frühen Beichtstühlen häufig der Fall ist, zitiert die Großform der seit-
lich des Eingangs aufgestellten Inventarstücke die Gestaltung von Fassadenschränken
(Abb. 58).95 Hier verstärken diesen Eindruck noch die beiden Türen, die den Korpus
der Möbel verschließen. Die zum Kirchenschiff weisenden Schmalseiten lassen zwi-
schen den Stützen Füllungen unterschiedlicher Größe erkennen. Ihre waagerechten
Seiten sind verkröpft, wobei das obere Feld mit einem Rundbogen endet. Es über-
nimmt damit ein Motiv, das auch die beiden Türen auszeichnet. In der Höhe zwei-
geteilt, besitzen deren untere Füllungen Ädikulaform, während die oberen Komparti-
mente als Arkaden ausgebildet sind, in die man gedrechselte Spindeln eingestellt hat.
Das schwere verkröpfte Abschlussgebälk der Möbel trägt eine geschlossene Balustrade,
94 Das Gestühl von Neuberg kommt im zweiten Band zur Sprache.
95 ÖKT, Wien, III. Bezirk (1974), 176 ; Dehio, Wien, 2 (1993), 62 ; Hladky, Kirchenmöbel (2003), Bd. 1,
119, 121–122.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693