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266 | Sakralbauten in Niederösterreich
angedingt.200 Im April jenes Jahres unternahm der Prälat mit dem Tischler eine Reise
nach Wien, um die erforderlichen Utensilien zu besorgen, ein paar Tage später began-
nen Berger und seine Söhne mit ihrer Tätigkeit. Allerdings erwies sich schon bald, dass
die Qualität ihrer Arbeit den hohen Ansprüchen des Propstes nicht genügte. Zudem
beschädigten sie bereits fertiggestellte Werke anderer Handwerker und zerstörten ei-
nige Kirchenfenster. Ende September kam es zu einem heftigen Streit zwischen ihnen
und einem weiteren Handwerksmeister.201 Als Folge davon verloren Berger und seine
Söhne ihre Arbeit in Dürnstein.
Eingangsportal
Dürnstein, 1723/24
H 297 cm x B 189 cm (lichte Maße) ; H gesamt 430 cm
Eiche, massiv. Eisen, geschwärzt, teilvergoldet
Am 11. Mai 1723 übergab Propst Übelbacher einem Steinmetzmeister Risse zur
Verfertigung zweier Portale.202 Eines führt vom Norden her in das Emporenjoch der
Kirche, das andere öffnet die Vorhalle zum Kreuzgang hin (Abb. 107). Vom 11. Sep-
tember datiert die Abrechnung mit dem Handwerker, offensichtlich hatte er die Por-
talarchitektur bis dahin gebaut. Ende 1723 und Anfang 1724 stellte ein Tischler in
Zusammenarbeit mit einem Bildschnitzer die Tür her.203
Mit den gemauerten seitlichen Stützen, die kurze Gesimsstücke und einen Halb-
rundbogen tragen, besitzt das Eingangsportal einen schlichten tektonischen Rahmen.
Ein kräftiges hölzernes Profil verbindet die Gesimsstücke, ein Metallgitter verschließt
das Bogenfeld. In die Rahmen der Türflügel wurden große Füllungen eingesetzt, die je
ein bossiertes und mit Schnitzarbeiten verziertes Mittelfeld aufweisen. Von Akanthus-
blättern begleitetes Bandlwerk umgibt dort ein vasenartiges Motiv mit einem Blüten-
gitter. Vorläufer für solche Gitterornamente begegnen uns an den 1719 entstandenen
Sakristeimöbeln in Herzogenburg sowie am 1721 verfertigten Chorgestühl in St. Pöl-
ten (Farbtaf.
11 ; Abb.
234).204 Auch das Portal in Dürnstein ist also ein frühes Beispiel
für diese Ornamentform, die wir regelmäßig an österreichischen Möbeln erst in den
dreißiger Jahren zu erwarten haben.
200 Berger ist außerdem vom Stift Zwettl her bekannt. Im dortigen Archiv befindet sich eine Abschrift des
Vertrags mit Übelbacher.
201 Penz, Kalendernotizen (2013), 253–255.
202 Penz, ebd., 248.
203 Penz, ebd., 267. Vgl. zum Portal Dehio, NÖ nördl. der Donau (2010), 124.
204 Vgl. hierzu die Angaben in den entsprechenden Kapiteln.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693