Seite - 362 - in Sakralmöbel aus Österreich - Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
Bild der Seite - 362 -
Text der Seite - 362 -
362 | Sakralbauten in Niederösterreich
len Schmuckelementen wird bei keinem zweiten österreichischen Kirchenmöbel jener
Zeit erreicht. Und noch etwas fällt auf : An ostösterreichischen Sakralmöbeln, auch an
hochbedeutenden wie dem Klosterneuburger Chorgestühl, konnte in jener Periode
auf Marketerien verzichtet werden. Massivholz und Schnitzarbeiten standen gleich-
berechtigt neben der Technik des Furnierens und Intarsierens.
Anfang des vergangenen Jahrhunderts stellte Wolfgang Pauker mithilfe von Archi-
valien die Namen der Tischler und Bildschnitzer zusammen, die das Gestühl bauten.
Die in den Quellen genannten Schreiner standen in den Diensten der Stiftstischlerei,
ihre Arbeitsleistung verrechneten sie direkt mit dem Kloster. Einige Tischler arbeite-
ten in den Konventsräumen, die übrigen, wahrscheinlich qualifizierteren, beauftragte
der Propst mit der Verfertigung des Gestühls. Der Obergeselle verdiente pro Woche
1 fl 3 kr bis 1 fl 18 kr, die anderen Tischler erhielten zwischen 1 fl und 1 fl 15 kr.
Nur ein Handwerker, Balthasar Reißmayer, der zugleich Tischler und Bildhauer war,
konnte mit einem Wochenlohn von 1 fl 15 kr bis 1 fl 30 kr rechnen.377
Über die genaueren Tätigkeiten der Tischler sind wir leider nicht näher unterrichtet,
wohl aber über die der beteiligten Bildhauer : Zunächst erwähnen die Archivalien Bal-
thasar Jungwirth, Johann Strasser, Konrad Loßband, Andreas Ende (1687–1737), Cas-
par Mordl und Edmund Ferdinand Brauneck (1662–1729), die ornamentale Schnit-
zereien lieferten. Für den figuralen Schmuck war Servatius Hoffmann (1691–1735)
verantwortlich. Die Wappen schuf Josef Bernhard Högenauer. Ein Arbeitsvertrag mit
den bürgerlichen Vergoldern und Malern Matthias Braun (1684–1738) und Franz
Pizenhoffer belegt, dass man von der Fertigstellung des Chorgestühls noch 1723 aus-
ging ; schließlich war der personelle Aufwand ja auch beträchtlich. Die beiden Hand-
werker hatten die Schnitzarbeiten am Gestühl zu vergolden und schadhafte Stellen zu
überarbeiten. Dafür sollten sie als Entgelt 520 fl erhalten, außerdem stand ihnen die
Offizierskost aus der Klosterküche zu.378 Der Konvent nahm das Gestühl am 14. No-
vember 1723, am Tag vor dem Fest des hl. Leopold, in Gebrauch.379
Nach der Fertigstellung der Stallen trieb Prälat Ernst Johannes Perger (reg. 1707–
1748) den Bau des Oratoriums voran. Ende 1723 schloss er einen Kontrakt mit
377 Pauker, ebd., 327–328.
378 Die relevanten Schriftquellen datieren in der Zeit zwischen dem Juni und dem Dezember 1723. Der
in Württemberg gebürtige Loßband war in der Wiener Josefstadt zu Hause. Andreas Ende stammte
aus Troppau in Schlesien, wohnte zuerst am Spittelberg, um dann ebenfalls in die Josefstadt zu ziehen.
Hoffmann kam von Aschaffenburg nach Wien. Die vorhergehenden Angaben nach Pauker, ebd., 329–
332. Brauneck kam aus dem bayrischen Neuburg an der Donau ; in Wien wohnte er in Lichtenthal.
Haupt, Hofhandwerk (2007), 266.
379 Vgl. zu dieser Angabe die nachfolgende Inventarbeschreibung des Gestühls von Dustan Marold.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693