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530 | Sakralbauten in Oberösterreich
wiegt Furnier aus dunkel gebeiztem Pappelmaserholz, während die Einlegearbeiten aus
Nussbaum und Ahorn bestehen. Sie zeigen kräftigen Akanthus sowie Laubwerkranken
mit feinen Blättern. Ein sorgfältig geschnitzter Aufsatz bekrönt die Möbel.
Flache Scheibenfüße tragen die Bibliothekstische, schwere Henkelpilaster flankieren
deren Fassaden und Stirnseiten (Abb. 309). Während die Schmalseiten gerade ausgear-
beitet sind, verlaufen die Längsseiten der Tische analog zu den Fronten der Bücherre-
positorien mit einem konkaven Schwung. Türen, deren Füllungen aus durchbrochenem
Schnitzwerk bestehen, verschließen die Möbel. Blattstauden, gerippte Bänder, Blüten-
zweige und Akanthusranken stellen die Motive der Schnitzarbeiten. Anspruchsvoll
gestaltete Furnierbilder zieren nur die Tischplatten. Ein vielzackiger Stern nimmt die
Mitte einiger Platten ein, andere präsentieren Polygone mit Bändern und Blattranken.
Hinsichtlich der Motivwahl bilden je zwei Tische ein zusammengehörendes Paar, wobei
helle Intarsien in dunklem Grund mit Einlegearbeiten im Gegensinn wechseln. Die
Furnierhölzer bestehen aus Ahorn, Nussbaum und Eibe, auch hier wählte man für die
Rücklagen hinter den Stützen dunkles Pappelholz. Wie sehr das Pappelmaserholz Fur-
nieren aus Schildpatt gleicht, wird an diesen Möbeln besonders deutlich, und es wäre zu
überlegen, ob mit dem Maserholz nicht das exotische Material imitiert werden sollte.667
Die geschnitzten Füllungen und Pilasterkapitelle wurden vergoldet.
Wie Franz Windisch-Graetz darlegte, schloss Abt Martin III. Resch (reg. 1704–
1709) den Vertrag mit dem Ennser Tischlermeister Balthasar Melber über die An-
fertigung der Bibliotheksmöbel am 28. Juni 1707, nachdem der Handwerker zuvor
verschiedene Probestücke geliefert hatte.668 Mit dem Vertrag verpflichtete sich Melber,
nach der gemachten Prob […] aufzusetzen 37 Büecher Cästen mit aller Zuegehör ieden
in seiner Grösse, Wie Es der ausgezaigte Ohrt, wohin Er solle gesezt werdten, Erfordern
thuet.669 Weiterhin sah der Kontrakt vor, dass der Tischler die Arbeit mit drei Gesel-
len und einem Lehrjungen innerhalb von zwei Jahren verrichten sollte. Der Konvent
stellte die benötigten Werkzeuge, Hölzer und Materialien zur Behandlung der Holz-
oberfläche bereit. Als Arbeitslohn versprach Abt Martin, die Bücherschränke mit je
20 fl und die Tische mit 25 fl zu berechnen, außerdem sollten die Tischler von der
Klosterküche verköstigt werden.670 Melber und seinen Mitarbeitern stand zum Bau
der Möbel die Stiftstischlerei zur Verfügung, in der die nötigen Utensilien vorhanden
waren. Die Blind- und Furnierhölzer kamen von den Liegenschaften der Abtei oder
wurden vom Stift bei Holzhändlern zugekauft, ebenso die Materialien zur Herstellung
667 Dazu das Kapitel »Grundlegendes«.
668 Pösinger, Vorarbeiten (1961), Bd. 1, 263, Qu. 2843 ; Windisch-Graetz, Möbelkunst (1977), 263. Zu
Melbers Biografie Windisch-Graetz, ebd.
669 Zitiert nach Windisch-Graetz, ebd., 264.
670 Windisch-Graetz, ebd.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band I: Östliche Landsteile
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- I: Östliche Landsteile
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 730
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693