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Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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100 Die katholische Aufklärung Während Dobners Schrift über Johannes von Nepomuk im zeitge- nössischen Kontext der Aufweichung des Beichtgeheimnisses durch das landesfürstliche Justizrecht stand,96 untergrub er mit den Annales Bohemorum die historische Konstruktion des böhmischen Adelspa- triotismus. Hájek zufolge hatten die ältesten Böhmen bereits in einer ständisch abgestuften Sozialordnung mit Adel und untertäniger Bau- ernschaft gelebt, Dobner betonte stattdessen die natürliche Gleichheit der ersten Böhmen: Die Institute des geteilten Landeigentums und die Gütergemeinschaft seien für diese adelslose altböhmische Gesell- schaft charakteristisch gewesen, damit lieferte Dobner eine brisante und pointierte Intervention in die aktuellen maria-theresianischen Debatten über die Grunduntertänigkeit und Ablösung bäuerlicher Pflichtdienste.97 Die Böhmische Privatgesellschaft zur Pflege der Wissenschaften, die Dobner 1769 in Prag mitbegründet hatte, zählte Born seit ihren frühesten Tagen zu ihren Mitgliedern. In den 1770er Jahren wurde Born zur führenden Figur dieser Gelehrtengesellschaft, die sich der historischen Naturkunde, der Mathematik und der vaterländischen Geschichte verschrieb.98 Die Gesellschaft, die Dobner und Born gemeinsam aus der Taufe gehoben hatten, definierte ihren Erkenntnisbereich im Kontext der Universitätspolitik jener Zeit. Natur und Geschichte waren würdige Gegenstände der geselligen Gelehrsamkeit, die Borns und Dobners Sozietät pflegte, nicht aber die in Prag neu begründeten schöngeistigen Wissenschaften und die politischen Wissenschaften Sonnenfels’scher Prägung.99 Mit dieser Konfiguration des Wissenswerten setzten sich 96 Christine Schneider, Der niedere Klerus im josephinischen Wien. Zwischen staatlicher Funktion und seelsorgerischer Aufgabe, Wien 1999, 19-20, 29-33. 97 Jiří Beran, O poměru mezi Učenou společností a Hospodářskou společností před rokem 1788 [Über die Beziehungen der Gelehrten Gesellschaft zur Ökonomischen Gesellschaft vor dem Jahr 1788], in: SH 9 (1962), 239-298, 283-284; Eduard Maur, Pobělohorské poddanské poměry a Bohuslav Balbín [Das Untertänigkeitsverhältnis zur Zeit nach der Schlacht am Weißen Berge und Bohuslav Balbín], in: Pokorná, Svatoš (Hg.), Bohuslav Balbín a kultura jeho doby v Čechách, 13-22. 98 Josef Haubelt, Studie o Ignáci Bornovi [Studien über Ignaz von Born], Praha 1972, 47-49. Beran, Ze zápasů mezi borniány a seibtiány, 27-28. 99 František Kutnar, Obrozenské vlastenectví a nacionalismus. Příspěvek k národnímu a společenskému obsahu češství doby obrozenské [Patriotismus und Nationalismus der Wiedergeburt. Beitrag zum nationalen und gesell- schaftlichen Gehalt des Tschechentums im Zeitalter des Erwachens], hg. v. Jiří Rak, Praha 2003, 55. Zu Sonnenfels und seiner Schule vgl. Kap. V.3–V.6.
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Titel
Aufklärung habsburgisch
Untertitel
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Autor
Franz Leander Fillafer
Verlag
Wallstein Verlag
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Abmessungen
14.0 x 22.2 cm
Seiten
628
Schlagwörter
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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