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Vor 1918
Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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116 Die katholische Aufklärung aufklärung erbittert bekämpften, zu Bahnbrechern der Naturfor- schung geworden.145 Was Kreil im Rückblick beschrieb, war die Entkoppelung der Na- turerkenntnis von der Gotteserkenntnis. Sie vollzog sich auf der Ebene der Wissenschaftspragmatik, in den Rochaden der Lehrkanzelbeset- zungen während der Studienreform ebenso wie forschungsstrategisch, im Bereich der Erkenntnisbemühungen. Die Aufhebung des Jesuiten- ordens im Jahr 1776 und die Säkularisierung der Professuren für Phy- sik sowie für Welt- und Naturgeschichte an den habsburgischen Uni- versitäten bedeutete für die Theologie eine thematische wie personelle Verengung und Verarmung.146 Die Voraussetzungen für die Trennung von Gottes- und Welterkenntnis, hatten, wie Kreil 1793 notierte, die Jesuitenmathematiker und -physiker der maria-theresianischen Epo- che selbst geschaffen: Formelhafte Präludien über die Schöpfung und weise Weltregierung paarten sich in ihren Werken mit der Absage an die Erkenntnis letztgültiger Final- und Zweckursachen. Gerade diese Ausgangsbedingungen sollten die liberale Naturforschung des Vor- märz beflügeln. Für den Gottesbeweis reichte die wolffianische Non- repugnanz, die Widerspruchsfreiheit, nicht mehr aus, die newtoniani- sche Physik klammerte ihn ebenso aus, so wurde er zur Leerstelle: Die Aufgabe, eben diese Leerstelle zu füllen, schob im josephinischen und franziszeischen Wissenschaftssystem jede Disziplin mit Vorliebe den anderen Fächern zu, die Metaphysiker reichten sie an die Moralisten weiter, die Moralisten traten sie gerne an die Theologen ab.147 145 Anton Kreil, Einige Züge aus dem Leben und dem Charakter des nunmehr verewigten Paulus Mako […], Pest 1793, 10-11; Werner Sauer, Österreichi- sche Philosophie zwischen Aufklärung und Restauration. Beiträge zur Ge- schichte des Frühkantianismus in der Donaumonarchie, Amsterdam 1982, 43-44, zu Kreil ebda., 267-271, 274. Nach der Zwangspensionierung arbeitete Kreil in der Buchhandlung seines ehemaligen Logenbruders Alois Blumauer in Wien, wo er 1833 starb. 146 Allgemein Hermann Zschokke, Die theologischen Studien und Anstalten der katholischen Kirche in Österreich, Wien 1894, 13-30; Wappler, Ge- schichte der Theologischen Fakultät, 226-228; Emil Clemens Scherer, Ge- schichte und Kirchengeschichte an den deutschen Universitäten. Ihre An- fänge im Zeitalter des Humanismus und ihre Ausbildung zu selbständigen Disziplinen, Freiburg 1927, 343-390. 147 Vgl. Karl von Zinzendorfs Staatsratsvotum von 1795 über die Amtsenthe- bung der Kantianer Kreil und Johann Nepomuk Delling in Ungarn: »Was hat doch Metaphysik mit der geoffenbarten Religion gemein? […] Wenn ein ehrlicher Mann, er heiße Kant Deling, Kreil etc. […] kommt und be- scheiden eingestehet, der menschliche Verstand ist viel zu blöde, um Got- tesdasein, den Zustand der Seele jenseits des Grabes a priori NB. a priori
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Titel
Aufklärung habsburgisch
Untertitel
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Autor
Franz Leander Fillafer
Verlag
Wallstein Verlag
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Abmessungen
14.0 x 22.2 cm
Seiten
628
Schlagwörter
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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