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Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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207Kant im restaurativen Wissensregime Beide Ansichten, die moralische und die religiöse, liefen »also im Grunde auf eins hinaus.«38 So liegt Likawetzs’ Analyse ein kantianisch camoufliertes Postulat zugrunde: Die Ebenbürtigkeit von Natur- religion, Vernunftgründen und durch die Offenbarung vermittelten Glaubenswahrheiten. Analoge Koppelungen finden sich vielfach in Frints Wiener Theologischer Zeitschrift.39 Wie sehr die erste Generation der Restauration der Spätaufklärung verpflichtet war, haben ihre idealistisch geprägten Kritiker wie An- ton Günther in den 1820er und 1830er Jahren klar herausgearbeitet. Mit seinem Rückgriff auf Kant, so Günther, machte der restaurative Katholizismus den Bock zum Gärtner. So blieb der antirevolutionäre Anspruch Staffage, zudem behinderte das Festhalten an Kants Weltbild die Entfaltung der Theologie. Günther, ein hochkarätiger spekulativer Theologe, hat sich sein Lebtag lang mit Kant beschäftigt und aus- führliche Zensurgutachten über die Lehrbücher Frints und Likawetz’ verfasst. Günther war aus Nordböhmen gebürtig, wo er 1783 als Sohn des Dorfschmieds im Weiler Lindenau / Lindava zur Welt gekommen war; nach Studienjahren in Prag und Wien war er als vormaliger Schü- ler Bernard Bolzanos unter dem Einfluss Clemens Maria Hofbauers in den Kreis der Redemptoristen geraten und zum Priester geweiht worden, seit 1824 lebte Günther nach abgebrochenem Jesuitennoviziat und mehrfach ausgeschlagenen Rufen an deutsche Universitäten als berühmter Privatgelehrter in Wien.40 38 Wilhelm T. Krug, System der praktischen Philosophie, 3 Bde., Königsberg 1817-1819, II: Tugendlehre, § 9, 40-42, Anm, 1; Josef Calasanz von Likawetz, Elementa Philosophiae in usum Auditorum Philosophiae adumbrata, 5 Bde., Graecii 1818-1820, IV, § 40, ergänzend ebda., III, § 117, 199-201; IV, §§ 9, 12, 65. Weiters Johann Michael Leonhard, Systematischer Religionsunterricht für Kandidaten der Philosophie, 3 Bde., Wien 1822, III, § 17. Kompetente Aufbereitung bei Enzinger, Adalbert Stifters Studienjahre, 183-189. 39 Vgl. etwa Vincenz Darnaut, Entwurf einer Religionsgeschichte des alten Bundes, oder Darstellung der göttlichen Voranstalten zur Einführung des Christen thums, 52: »Sein Geist, mit Vernunft und Freyheit versehen, hebt ihn [den Menschen, FLF] über die Körperwelt hinaus, macht ihn mit dem zwar unsichtbaren, aber mächtigen, weisen und heiligen Urheber derselben bekannt, und zeigt ihm den Unterschied zwischen gut und böse, recht und unrecht […].« Ebda., 61: »[es] ist […] ja überaus natürlich, anzunehmen, daß sie [die ersten Menschen] einen Urheber und Erhalter der Welt und ihrer selbst sich gedacht haben. Gottes Macht, Weisheit und Güte mußte ihnen aus dem täglichen Anschauen und Betrachten der unermeß lichen Schöpfung von selbst einleuchten, und hiermit in ihnen Hochachtung, Liebe und Dankbar- keit gegen ihren Schöpfer erzeugen.« 40 Johann Reikerstorfer, Anton Günther (1783-1863) und seine Schule, in:
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Titel
Aufklärung habsburgisch
Untertitel
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Autor
Franz Leander Fillafer
Verlag
Wallstein Verlag
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Abmessungen
14.0 x 22.2 cm
Seiten
628
Schlagwörter
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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