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Vor 1918
Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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437Der Siegeszug der historisch-römischrechtlichen Schule nach 1848 erst allmälig zu einer unabhängigeren Auffassung und freieren Dar- stellung emporgerungen«.348 Unger und den liberalen Pandektisten war nicht der Rede wert, dass Zeiller selbst den Vertrag als alienatio einer particula libertatis des Pro- mittenten an den Promissar aufgefasst und die Bindung des Offerenten in Analogie an die Übertragung einer Sache konstruiert hatte. Dabei vermied Zeiller aber ausdrücklich die »abstrakte, philosophische« Schlussfolgerung, dass die Rücktrittsmöglichkeit vom Versprechen bis zur Übergabe des gegenständlichen Gutes bestehe, diese »Ansicht« ließ sich laut Zeiller ja »mit der Sicherheit des Verkehrs und der bürger- lichen Verhältnisse nicht vereinigen«.349 Auch was die Veräußerungs- befugnisse und Verkaufsvollmachten angeht, hatte Zeiller das durch den Gutglaubenserwerb an Fahrnissen begründete Recht zu schützen versucht,350 was andere Mitglieder der Kodifikationskommission als zu krasse Begünstigung des favor commercialis beanstandeten.351 Un- ger schor hier die ABGB-Rechtstechnik über einen Kamm, mit einem verschleierten Zitat von Eduard Gans, dem wohl bedeutendsten jung- hegelianischen Juristen, griff er den »Billigkeitsdespotismus«352 des Gesetzbuches an. Ungers Schule unterbaute das ABGB also mit einer Reihe neuer, aus der Savigny’schen Rechtslehre gewonnener Figuren. Das zeigt sich auch an Ungers Lehre von der juristischen Person. Wie schon dargestellt, hatte das ABGB Naturrecht und usus modernus in der in § 26 statuierten »moralischen Person« vermengt. Dagegen versuchte Unger, die Unterscheidung zwischen societas – als obligatorisches Verhältnis unter den Gesellschaftern, das aber kein handlungsfähiges Rechtssubjekt begründet, im Miteigentum der Gesellschafter steht und mit dem Wechsel derselben zugrunde geht – und universitas – als eine ihren Mitgliedern fremde, vermögens-, prozess-, forderungs- und schuldenfähige Drittperson – auch in das österreichische Recht hineinzutragen.353 Der Wiener Rechtshistoriker Werner Ogris hat 348 Joseph Unger, Über die legislative Behandlung des wesentlichen Irrthums bei obligatorischen Verträgen, in: ZPöRG 15 (1888), 673-689, 676, Anm. 8. 349 Vgl. Fn. 183 oben. 350 Ernst Karner, Gutgläubiger Mobiliarerwerb: Zum Spannungsverhältnis von Bestandschutz und Verkehrsinteressen, Wien 2006, 165-166; Franz von Zeiller, Das natürliche Privat-Recht, 3. Aufl., § 92, 134. 351 Ofner, Ur-Entwurf, I, 251, II, 374. 352 Unger, System, I, 72, Fn. 20 (»wie dieß ein preußischer Schriftsteller geist- reich bezeichnet hat«). Vgl. Eduard Gans, Beyträge zur Revision der Preu- ßischen Gesetzgebung, I, Berlin 1830, 12. 353 Unger, System, I, 313-315; Stagl, Rechtsgeschäft.
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Titel
Aufklärung habsburgisch
Untertitel
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Autor
Franz Leander Fillafer
Verlag
Wallstein Verlag
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Abmessungen
14.0 x 22.2 cm
Seiten
628
Schlagwörter
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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