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Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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469Carl von Kübecks Lehrjahre Sonnenfels-Nachfolger Watteroth – dieser prüft Kübeck im zerrupf- ten Räuberzivil vor dem Gartenpavillon seiner Landstraßer Villa – mit vorlauten Plädoyers für die Pressefreiheit in Rage.48 Hobbes’ Zwangs- und Furchtregiment, das die Religion als Knute des Monarchen ein- setzt, lehnt Kübeck ab.49 In einer Notiz aus dem Jahre 1805 sieht Kü- beck zwei Klassen von Feinden der Revolution am Werk: [D]ie Jakobiner und Terroristen, die ihre Grundsätze geschändet und ihre Richtung verkehrt haben; dann 2. die französischen (frag- lichen) Philosophen und Louis XVI. weil sie ein lange vorbereitetes Ereignis des Ernstes durch witzelnde Flachheit aus edleren und tie- fen Gemüthern verscheucht, und dem Leichtsinn und der Brutalität überliefert haben. Die Revolution, so Kübeck, sei ausgebrochen, weil »die Priester, der Hofadel und die Regierung Frankreichs […] durch Unsittlichkeit, Habsucht, Mißbrauch der Macht und Schwäche alle Autorität dem Volke verhaßt, verächtlich, unleidlich gemacht haben.«50 Kübeck tritt äußerte mich, für einige Ideen der französischen Revolution, die er haßt, und für eine wahre Satansfrucht hält, günstig, fast enthusiastisch. Die Freiheit, noch mehr aber die Gleichheit, belebt, ich kann es nicht läugnen, jede Fiber meines Leibes, und begeistert, mein ganzes Ich. Er fuhr mich, etwas heftig an, mit den Worten: Quel nonsens abominable! Freiheit! Gleichheit! Ver- stehen Sie auch den Sinn dieser Worte? Ces mères de la Guillotine, du sang, du meurtre, de la barbarie & c.! Schüchtern antworte ich, daß ich mir wohl kein Urtheil anmassen könne; ich wisse übrigens recht gut, daß Freiheit, nicht sinnliche und moralische Ungebundenheit, sondern nur Befreiung von willkührlicher Herrschaft, von dem, was die alten Griechen, unter tyrannis und unter Despotia verstanden, und im positiven Sinn, die Herrschaft des Gesetzes bedeute. Ebenso, meinte ich, sei es mir klar, daß Gleichheit, nur in Beziehung auf das Gesetz, gelte, und insbesondere die Vorrechte der Geburt, deren Gerechtigkeit ich nicht begreife, und deren Wirkungen ich, nur zu schwer, fühle, ausschließe.« Kübeck, Tagebücher, I/1, 31-32. 48 »Sagen Sie mir einmal, was halten Sie von Zensur und Preßfreiheit? Ich ant- wortete: Herr Professor, diese Frage ist in dem Werke des Herrn von Son- nenfels und in Ihren Schriften verschieden von meiner Ueberzeugung gelöst. Ich habe ein Mahl, ich weiß nicht mehr wo, gelesen, die Engel unterschieden sich von den Menschen nur, weil sie laut denken, und darum allein leben sie in Seligkeit. Wenn also auch die Menschen laut denken würden und dürften, so würden sie Engel werden. Was die Censur betrifft, so sagt man, daß die Kinder die am Führband gehen lernen, meist bucklicht werden«, Kübeck, Tagebücher, I/1, 71 (14.  September 1801). 49 Kübeck, Tagebücher, I/1, 107 (12.  Februar 1803). 50 Ebda., 155 (1805).
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Titel
Aufklärung habsburgisch
Untertitel
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Autor
Franz Leander Fillafer
Verlag
Wallstein Verlag
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Abmessungen
14.0 x 22.2 cm
Seiten
628
Schlagwörter
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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