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Aufklärung habsburgisch - Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
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491Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus in den Kronländern strichen stattdessen gerade die Kontinuität heraus, die das Regiment Josephs II. mit jenem seiner Nachfolger verband und belegten diese Diagnose mit Blick auf das Staatskirchentum, die Zen- tralisierung durch die Hofbehörden, auf die Universitätspolitik und das Fortleben des Naturrechts. Drittens ist die geschichtspolitische Allianz beachtlich, die sich aus dieser Erinnerungskonkurrenz ergab. Die großösterreichischen föde- ralen Konservativen rekrutierten sich größtenteils aus der vormärz- lichen Adelsopposition, mit den nationalen Liberalen in den Ländern verband sie die gemeinsame Diagnose der jüngeren Geschichte der Monarchie und das, was man als Indigenisierung der Aufklärung be- zeichnen könnte: Schon im Vormärz hatten sich die Protagonisten des nationalen Erwachens in den böhmischen und ungarischen Län- dern darum bemüht, die Gelehrtenpatrioten der Spätaufklärung von ihren Sympathien für Joseph II. reinzuwaschen, um sie besser in die Vorgeschichte der jeweiligen Wiedergeburt einreihen zu können.118 Material für diese Genealogien bot die Geschichte der patriotischen Forschungs- und Kunsteinrichtungen, der gelehrten Gesellschaften, Museen, Theater, Kunstvereine und Akademien, wie sie damals im Zuge einer Politisierung der Kultur betrieben wurde.119 Die Aufklä- rung wurde so in die jeweilige Nationalkultur eingemeindet, was die auch Gärten pflanzen in’s kalte Gletscherreich? / Wer will die Saat aussäen, wenn nicht der Boden weich? / Und wenn für deine Liebe dich einst die Mit- welt haßt, / Wenn eisige Herzen schlagen, die du mit Gluth umfaßt; // Die, denen du, die Freiheit des Menschen wiedergabst /«, Ludwig August Frankl, Das Habsburglied, Wien 1832, 186. Bei Frankl bleibt freilich offen, ob Re- formen durch Josephs Überschwang diskreditiert sind, oder ob vielmehr die Teilaneignung und Verkehrung josephinischer Prinzipien durch seine Nach- folger die längst fällige Rückkehr zu seinem Reformprogramm verhindern. Noch im November 1880 schreibt Frankl eine Allerseelen-pièce d’occasion zur Erinnerung an 1848 im Zeichen Josephs II. Hier beginnt Josephs Urne in der Herzgruft derAugustinerkirche bei Ausbruch der Revolution zu glühen, Frankl, Kaiser-Joseph-Legende, NFP, 2. 11. 1880, 1. Zu seinem Œuvre Louise Hecht (Hg.), Ludwig August Frankl (1810-1894). Eine jüdische Biographie zwischen Okzident und Orient, Köln 2016; vgl. weiters Helmut Soriat, »Zerhau’ der Sprache Welschheit!« Mittelalterrezeption und Sprachenkampf in der Alldeutschen Bewegung in Österreich, Göppingen 2004, 264, 280; Josef Alexander von Helfert, Völkerfrühling. Äquinoctialstürme und Miss- verständnisnebel. Februar-März 1848, in: ÖJb 26 (1900), 60-187. 118 Kap. I.2 u. III.5. Zur positiven Erinnerung an Josephs Zensur- und Kir- chenpolitik in der Memoirenliteratur dieser Zeitzeugen vgl. etwa Josef Polišenský, Ella Illingová, Jan Jeník z Bratřic, Praha 1989, 81-82, 85-86, 90; Fillafer, Sechs Josephiner, 384. 119 Fillafer, Imperium oder Kulturstaat?
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Aufklärung habsburgisch Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Titel
Aufklärung habsburgisch
Untertitel
Staatsbildung, Wissenskultur und Geschichtspolitik in Zentraleuropa 1750–1850
Autor
Franz Leander Fillafer
Verlag
Wallstein Verlag
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-8353-3745-9
Abmessungen
14.0 x 22.2 cm
Seiten
628
Schlagwörter
Aufklärung, Österreich, Habsburger, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Revolution, Geschichtsbild, Wissensgeschichte
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 11
  2. I. Von der Vaterlandsliebe zum Völkerfrühling, 1770-1848 23
    1. 1. Der Patriotismus des Joseph von Sonnenfels 24
    2. 2. Der Landespatriotismus: Vom mehrsprachigen Vaterland zu den rivalisierenden Vergangenheiten seiner Nationen 30
    3. 3. Revolutionsabwehr, Sprachnationalismus und dynastische Loyalität: Joseph von Hormayr als Historiker 39
    4. 4. Zwischenresümee 49
    5. 5. Das Weltbürgertum der Völkerfreundschaft 51
    6. 6. 1848 und die Krise der liberalen Völkerfreundschaft 57
    7. Ergebnisse 64
  3. II. Die katholische Aufklärung 67
    1. 1. Der Josephinismus als »große Erzählung« der österreichischen Geschichte 67
    2. 2. Die theresianischen Reformen 71
    3. 3. Zwischen Barock und Aufklärung: Gelehrsamkeit, Kunst und Lebenspraxis 76
    4. 4. Die katholischen Reformer und das landesfürstliche Kirchenregiment 83
    5. 5. Barockbewältigung: Scholastiksatire und Patriotismuskonkurrenz im maria-theresianischen Prag 96
    6. 6. Das Methodentableau der katholischen Aufklärung 107
    7. 7. Newtonaneignung im katholischen Milieu: Von der Gotteserkenntnis zur Weltstruktur 110
    8. Ergebnisse 122
  4. III. Die Erfindung der Allianz von Thron und Altar 125
    1. 1. Honigmond. Der antirevolutionäre Schulterschluss von Kirche und Erzhaus in den 1790er Jahren 125
    2. 2. Restaurative Geschichtspolitik und Sozialdiagnose 137
    3. 3. Von der Gemeinschaft der Rechtgläubigen zum überkonfessionellen Rechtsstaat: Kultusrecht und Staatshandeln im Vormärz 152
    4. 4. Die Selbstprovinzialisierung des restaurativen Katholizismus 160
    5. 5. Für Gott und Vaterland: Das Erbe der Aufklärung und die Rolle der Katholiken in der »nationalen Wiedergeburt« 163
    6. 6. Imperiale Integration durch konfessionelle Geopolitik: Von der barocken Rekatholisierung zum Austroslawismu Bartholomäus Kopitars 174
    7. 7. Wissenschaftspolitik und Theologie im Völkerfrühling: Die liberalen Katholiken zwischen Revolution und Konkordat 181
    8. Ergebnisse 192
  5. IV. Wissenskulturen des Vormärz 197
    1. 1. Kant im restaurativen Wissensregime 199
    2. 2. Bernard Bolzano und das Erbe der Leibniz-Wolff’schen Scholastik 209
    3. 3. Bolzanisten versus Herbartianer 219
    4. 4. Welches positive Wissen? Bibelhermeneutik und liberale Physik 223
    5. 5. Positivität und Restauration. Der wissensgeschichtliche und ästhetisch-politische Kontext 240
    6. 6. Eine Art Schadensabwicklung. Die postrevolutionäre Konstruktion der »österreichischen Philosophie« 248
    7. Ergebnisse 252
  6. V. Vom Merkantilregime zum Binnenmarkt: Die Monarchie als Wirtschaftsraum 255
    1. 1. Der Grunduntertan als Staatsbürger und Eigentümer: Die aufgeklärte Agrarpolitik und ihre Folgen 258
    2. 2. Die Patrimonialrechte in der Erwerbsgesellschaft 274
    3. 3. Sonnenfels’ Œuvre 278
    4. 4. Rivalisierende Aufklärungen: Merkantilismus und Vernunftrecht 284
    5. 5. Sonnenfels und die Nachwelt: Der Staat als bürgerlicher Verein 291
    6. 6. Die Liberalkatholiken als politische Ökonomen 303
    7. 7. Zwischenresümee: Aufklärungserbe und ökonomischer Liberalismus 309
    8. 8. Der Gesamtstaat als Wirtschaftsunion 310
    9. 9. Ungarn in der Donaumonarchie: Wirtschafts- und Verfassungspolitik von Joseph II. bis 1848 315
    10. Ergebnisse 331
  7. VI. Naturrechtspraxis und Empire-Genese. Kodifikation, Rechtsstaat, Wissenschaftsgeschichte 335
    1. 1. Sonnenfels versus Zeiller. Der Zielkonflikt zwischen Verfassungs- und Privatrechtskodifikation in den 1790er Jahren 339
    2. 2. Der Kantianismus in der Rechtswissenschaft. Franz von Zeiller und sein Erbe 354
    3. 3. Die Politik des Metapolitischen. Zeillers Gesetzgebungstechnik und das »natürliche Recht« 361
    4. 4. Das natürliche Recht und die Privatisierung der ständischen Herrschaftsteilhabe 373
    5. 5. Die Wissenschaftsgeschichte des Rechts und die Gesamtmonarchie: Ein Zwischenresümee 381
    6. 6. Naturrechtskodifikation und Gesetzesexegese: Die Auslegungspraxis des ABGB 383
    7. 7. Rechtsstaat und Gewaltenteilung im Vormärz 388
    8. 8. Gesellschaftsvertrag und Revolutionsprävention: Das natürliche öffentliche Recht als Basisepistem 401
    9. 9. Ursprung ist das Ziel. Patriotische Rechtshistorie und parlamentarische Repräsentation im Vormärz 407
    10. 10. Vertrag als Fiktion. Die Naturrechtskritik der Junghegelianer 418
    11. 11. Pandektenkur. Der Siegeszug der historisch- römischrechtlichen Schule nach 1848 423
    12. Ergebnisse 443
  8. VII. Aufklärungserbe und Revolutionsabwehr: Selbst- und Feindbilder der Restauration 455
    1. 1. Die Josephiner und die Revolution 455
    2. 2. Carl von Kübecks Lehrjahre. Eine Vignette 467
    3. 3. Josephiner versus Romantiker 471
    4. 4. Der innere Feind. Zur Metaphern- und Sozialgeschichte der Restauration 476
    5. 5. Opferkonkurrenz als Erinnerungskonkurrenz: Die Geschichtspolitik des Jahres 1848 und des Neoabsolutismus 489
    6. Ergebnisse 492
  9. VIII. Überblick 497
  10. IX. Was war Aufklärung? 513
    1. Das Gesamtbild 525
    2. Anhang 529
    3. Abbildungen 529
    4. Archivalien 530
    5. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 532
    6. Quellen und Literatur 539
    7. Personen- und Sachregister 620
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