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Begriffsdefinitionen 23
samte mitteleuropäische Gebirgszug von der Côte d’Azur bis zum Wiener Becken
bezeichnet, wobei die Übergänge zum Karpatenbogen, Karst und Apennin in der
Landschaft nicht deutlich erkennbar sind und nur geologisch genau bestimmt wer-
den können.
Die Grenze zwischen Flachland und Gebirge ist oft nicht leicht zu bestimmen,
so werden beispielsweise das tibetische Hochland auf 4.000 m Höhe oder der Böh-
merwald nicht als Gebirge bezeichnet. Die Antwort liegt im Relief : Als „Gebirge“
gilt eine Region dann, wenn sie innerhalb weniger Kilometer Höhendifferenzen
von über 1.000 m aufweist und damit mindestens eine Höhenstufe2 durchbricht.
Dies wird Reliefenergie genannt. Folge eines ausgeprägten Reliefs ist die Diversität
des Klimas, da sich die Höhen auf Feuchtigkeit, Strahlung und Temperatur auswir-
ken. Die aufragenden Berge beeinflussen klimatische Ereignisse, wie beispielsweise
Frontsysteme in Richtung und Wirkung. Eine weitere Eigenschaft von Gebirgen
ist, dass sie sich durch Lawinen und Lawinenkegel, Bergstürze, Steinschläge und
Ähnliches selbst formen.3 Wirklich charakteristisch für die Alpen sind die Regio-
nen oberhalb von 2.000 m, die aus dem Gebirge erst ein Hochgebirge machen.
Viele naturwissenschaftliche Fragestellungen schränken daher den Forschungs-
raum „Alpen“ auf diese Gebiete ein, denn erst hier unterscheidet sich die Region
deutlich vom nichtalpinen Umland.4
Für die Fragestellungen dieser Arbeit sind diese Begriffe wenig hilfreich, geht es
doch um das Verhältnis Mensch–Gebirge. Die umfassendere Definition der Alpen-
konvention scheint nützlicher, da sie über die eigentlichen Gebirgsregionen hinaus
noch die angrenzenden, voralpinen Hügellandschaften wie auch die inneralpine
Beckenlandschaft des zentralen Kärnten umfasst.5 Diese gelten streng genommen
ja nicht als „Gebirge“, da diese Räume größtenteils unterhalb von 1.000 m liegen
und damit kaum Unterschiede zu den Ebenen Mitteleuropas aufweisen. Allerdings
ist die Bevölkerung in allen Belangen an die eigentlichen Gebirgsräume gebunden,
daher werden diese Regionen in historischen und geografischen Abhandlungen
stets inkludiert. Die Gebirgsketten zwischen 1.000 und 2.000 m sowie die Täler
dazwischen werden der Kernraum der Untersuchung sein, daneben punktuell die
noch höher gelegenen Regionen. Diese wurden im Rahmen von Passüberschrei-
tungen und der Bewirtschaftung sommerlicher Hochweiden betreten. Für das
Hochgebirge oberhalb von 3.000 m gibt es in den Alpen vor der Moderne wenig
2 Zu der genaueren Definition der Höhenstufen s. u. Abbildung F auf S. 358.
3 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 20.
4 Bätzing, Alpen 21.
5 Ebd. Karte Nr. 1 auf S. 21.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361