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Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 41
und den Mittelgebirgsterrassen der Alpentäler.80 Dies gilt auch für Hügelland. Es
wusste schon der römische Agrarschriftsteller Columella im 1. Jh., dass die ideale
Lage eines Hofes in der Mitte des Hanges war, wo weder der Frost des Winters
noch die Gluthitze des Sommers ihre Auswirkungen zeigten.81
Einen weiteren Einfluss auf das Klima hat der Wind. In den Alpen herrschen oft
sehr ausgeprägte lokale Windsysteme, die durch die Temperaturunterschiede zwi-
schen Tal- und Hochlagen, das Relief und die Gletscher82 erzeugt werden.83 Auch
dies fiel schon in der Antike auf, was wohl an den windigen Verhältnissen gerade
auf den Pässen liegt. Ovid schuf daraus den literarischen Topos der „ventosas […]
Alpes“.84 Der Alpenwind schlechthin ist der Föhn, ein warmer, trockener und oft
stürmischer Fallwind. Er entsteht entweder durch das Abgleiten von kalter Luft an
einer Gebirgsseite, wobei die Luft durch die Bewegung stark erwärmt wird, oder
dadurch, dass Warmluft von der Vorderseite eines Tiefs über die Alpen geschoben
wird.85 Dieser Wind kann sogar die Vegetation verändern : In den Föhngebieten
des Churer und St. Gallener Rheintales treten wärmeliebende Pflanzen auf, die
sonst nur viel weiter südlich anzutreffen sind. Die von den Römern eingeführte
Edelkastanie kann hier gut überleben.86
Eine weitere wichtige Komponente für das lokale Klima eines Standortes ist die
tatsächlich mögliche Dauer des Sonnenscheins. Diese setzt sich zusammen aus
Hangrichtung (Nord-, Ost-, Süd- oder Westhang, das bedeutet, dass der Hang in
die angegebene Richtung zeigt) und etwaigen Hindernissen (beispielsweise Berge
und Vegetation). Die Südausrichtung eines Hanges erweist sich für die menschli-
che Bewirtschaftung als am günstigsten : Hier erhalten die angebauten Pflanzen die
maximale Anzahl der möglichen Sonnenstunden.87 Nordhänge hingegen liegen
auch im Sommer einen Teil des Tages im Schatten. Südhänge können aber auch
durch einen hohen Wald oder ungünstig gelegene Berggipfel eine eingeschränkte
Sonnenscheindauer haben.
Die Kombination von Hangausrichtung und schattenwerfenden Hindernissen
bestimmt in den Alpen das maximal mögliche Ausmaß an Sonnenstunden, die
80 Laut Endlicher, Klimatologie 79 zwischen 700 m und 1.300 m.
81 Columella De Re Rustica I 4.9.
82 Franz, Ökologie der Hochgebirge 83 ff.
83 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 22.
84 Ovid Amores II 16.19.
85 Franz, Ökologie der Hochgebirge 83 ff.
86 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 76.
87 Endlicher, Klimatologie 79.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361