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82 Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen
der Baoarier bewohnt sei, im Norden an die Donau, im Westen an das Land der
Suaven (Alemannien), im Osten an Pannonien und im Süden an Italien grenzt.114
Hier ordnet er einen einstigen Teil der römischen Präfektur Italiens also im Gegen-
satz zu Rätien schon dem Norden zu.
Noch nach 800 war man sich der ehemaligen Verhältnisse zumindest in Fra-
gen der kirchlichen Zugehörigkeit bewusst. Churrätien war Teil des Erzbistums
Mailand115, das Gebiet des ehemaligen Noricum gehörte, wie auch Säben, zum
Patriarchat Aquileia.116 Doch das Anfang des 8. Jh. neu gegründete Bistum Salz-
burg war schon wie selbstverständlich in den Ostalpen tätig und begann dort eine
Kirchenstruktur aufzubauen. Trotzdem konnte das Patriarchat Aquileia sich noch
Anfang des 9. Jh. an Karl den Großen wenden und versuchen, die Herrschaft über
sein ehemaliges Bistumsgebiet wiederzuerlangen. 811 wurde zwar der größte Teil
des ehemaligen Noricum, nämlich das ganze Gebiet nördlich der Drau, endgültig
Salzburg überantwortet. Doch dass Aquileia zumindest ein Teil von Noricum Me-
diterraneum erhalten blieb, zeugt davon, dass man die alten Verhältnisse noch nicht
ganz vergessen hatte.117 Weiter im Westen wurde Chur spätestens 843 von Mailand
abgetrennt und Mainz zugeordnet118, Anfang des 9. Jh. wurden auch die vorher zu
Turin gehörenden westalpinen Bistümer Richtung Provence umorientiert.119
Im ersten Aufteilungsplan des Reiches von Karl dem Großen unter seinen
Söhne, der divisio regnorum von 806 (Siehe Abbildung 8 auf S. 85), wurde Baiern
und Rätien nach antiker Tradition noch zum italischen Reichsteil und damit Pip-
pin zugerechnet. Die anderen Alpengebiete wurden zwischen dem Mittel- und
dem Westreich aufgeteilt, so dass Karl der Kahle den Großen St. Bernhard und
Ludwig den Mont Cenis zugeteilt bekam.120 In den späteren Teilungsplänen schei-
nen die Alpen dann kein Teil Italiens mehr zu sein und spätestens 865 war der
Ablösungsprozess beendet.121
ciduo vero Gallorum finibus copulatur.“ Zu diesem und folgendem Zitat siehe auch Wolfram, Salz-
burg, Bayern 86 ; Meyer-Marthaler, Rätien im Frühen Mittelalter 16 ; Heuberger, Natio Noricorum
et Pregnariorum 24 ff.
114 Paulus Diaconus Hist. Lang. III 30 „Noricorum siquidem provincia, quam Baioariorum populus
inhabitat, habet ab oriente Pannoniam, ab occidente Suaviam, a meridie Italiam, ab aquilonis vero
parte Danuvii luenta.“
115 Kaiser, Churrätien 102 f.
116 Hageneder, Kirchliche Organisation 204.
117 MGH DD Kar.1 Nr. 211, S. 282.
118 Kaiser, Churrätien 102 f.
119 Guichonnet, Histoire de la Savoie 112.
120 Kaiser, Churrätien 56, Schmid, Bayern und Italien 75, MGH Capit. 1 Nr. 45, S. 126.
121 Schneider, Fränkische Alpenpolitik 46 f.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361