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Grenzen in den Alpen 89
pios, zu den Byzantinern.152 Mitte des 6. Jh. könnten die Langobarden im Osten
Binnenoricums von Justian als eine Art Grenzpuffer gegen die Franken eingesetzt
worden sein.153
Paulus Diaconus schreibt von einem Sinduald, König der Brenter aus der heru-
lischen Stirps. Dieser König, einst ein Befehlshaber in der byzantinischen Armee,
saß Mitte des 6. Jh. in der Gegend des Brenners oder südlich davon bei Trient und
wurde von Narses besiegt.154 Die Brenter werden üblicherweise mit den Breonen
gleichgesetzt und sind eventuell ident mit den oben genannten Bergwächtern der
Vita des Corbinian.155 Irgendwo hier waren um 470 auch Alemannen „auf den
höchsten Gipfeln der Alpen“, vielleicht handelt es sich um einen Topos, vielleicht
kann man dies aber auch in obigen Kontext stellen. Eventuell hatten sie selbst die
Gebirgshöhen besetzt, die durch den Verkehr über die Alpen sicher recht einträg-
lich waren.156
Schon im 6. Jh. fanden Könige, Herzöge, Adelige und Bischöfe eine neue Me-
thode zur Organisation und Kontrolle von Pässen und Grenzen in den Alpen,
nämlich die Errichtung von teilweise reich ausgestatteten Klöstern.157 Oben wurde
schon die Rolle von Innichen, das 769 ad terminos Sclauorum gegründet wurde,
angerissen.158 In den Westalpen befindet sich das älteste Kloster, das mit einer Pass-
sicherung assoziiert werden kann : St. Maurice d’Agaune. Etwa 20 km vom östli-
chen Ende des Genfer Sees entfernt befindet sich am Eingang zum Wallis die erste
Felsenge, die damit ideal geeignet ist, um den Zugang zum Großen St. Bernhard
zu schützen. Als König Sigismund 515 genau an dieser Stelle ein Kloster gründete,
waren daher sicherlich auch strategische Überlegungen im Spiel. St. Maurice war
das erste von vielen Alpenklöstern, das an einer wichtigen Kommunikationsroute
angelegt wurde und nicht nur dem Komfort der Reisenden und der Pflege des
spirituellen Lebens diente.159 Etwas später begann man auch in Churrätien diese
„fortschrittliche“ Methode anzuwenden. Die Grenzen und Wege wurden Mitte des
6. Jh. den geistlichen Herren von Chur überlassen, die spätestens ab dem Ende des
7. Jh. an den Routen ebenfalls Klöster gründeten.160 Anfang des 8. Jh. folgte dann
152 Prokopios Bel. Got. II (VI) 28.28–35 ed. Dewing 120 ff.
153 Christou, Byzanz und die Langobarden 81.
154 Paulus Diaconus Hist. Lang. II 3.
155 S. u. und Löhlein, Die Alpen- und Italienpolitik 52 ; Krahwinkler, Friaul 25 lokalisiert die „Brenter“
nahe Trient, da dort der Fluss Brenta entspringt.
156 Jordanes Hist. Got. LV : „[…] Alpes erectos omnino regentes“.
157 S. u. genauer im Kapitel über die Klöster in den Alpen ab S. 219.
158 Trad. Freis. ed. Bitterauf Nr. 34 S. 62.
159 Kaiser, Burgunder 172 f.
160 Kaiser, Churrätien 128 ff.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361