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116 Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege
die Passhöhen selbst in den meisten Fällen nur zu Fuß oder mittels Lasttier über-
schreitbar. Die gut ausgebauten Wege bedingten, dass der größte Teil des transalpi-
nen Verkehrs nun nicht mehr die kürzesten, sondern die besten Wege nutzte. Der
Transport von größeren Gütern über oder aus den Alpen war nun auch möglich,
wie beispielsweise der beliebte alpine Marmor.5 Zum Ausbau der Straßen gehörte
auch die Einrichtung von Raststationen in regelmäßigen Abständen. An den Pass-
höhen befanden sich oft Kultstätten, an den Zollstellen Militärposten.6 Beispiels-
weise auf der Tabula Peutingeriana sind die wichtigsten Möglichkeiten, die Alpen
zu queren aufgezeichnet (siehe Abbildung E am Ende dieses Buches).
Daneben wurden aber durchaus noch zahlreiche kleinere Wege und Saumpfade
genutzt, die teilweise sogar mit Raststationen ausgestattet waren. Beispiel dafür ist
eine Raststation (Mansio) am Iffigsee (2.065 m) in der Schweiz, die am Weg zum
Schnidejoch (2.756 m) liegt. Am Pass selbst wurden ebenfalls zahlreiche römi-
sche Funde gemacht.7 Auch am Giglachsee in den Schladminger Tauern wurden
Mauer reste gefunden, die als römische Raststation interpretiert werden könnten.
Der Ortsname Giglachsee wird übrigens als romanisch gedeutet.8
Römische Straßen waren nur in den Städten gepflastert, ansonsten herrschten
breite Schotterstraßen mit aufwendigem Fundament vor. Die Wege über die Al-
pen wurden gelegentlich in den Fels geschnitten, Tunnelbauten, wie sie sonst im
römischen Reich anzutreffen sind, fehlen jedoch. Auf manchen Felsplatten entlang
des Weges sind heute noch die Gleisspuren erkennbar, die die Karren im Stein
hinterlassen haben.9 In der Völkerwanderungszeit, aber auch in den Bürgerkriegen
zeigte sich die Kehrseite der gut ausgebauten Straßen : Feinde konnten die Wege
ebenfalls nutzen und umso schneller und einfacher die Alpen queren.
Nachdem die römische Obrigkeit weggefallen war, hing die Straßenerhaltung
von den Mitteln und dem Willen der regionalen Bevölkerung und der Herrschaft
ab. Der Zustand vieler Übergänge verschlechterte sich nun. Die Karrenfähigkeit
der meisten Pässe dürfte bald verloren gegangen sein. Besonders traf es die Über-
gänge, die nur durch aufwendige Bauten funktionierten, denn diese wurden schnell
von Lawinen, Muren oder der natürlichen Bewegungen des Hanges zerstört. Sie
konnten mangels technischen Know-hows oder finanzieller Mittel nicht mehr auf-
gebaut werden. Zu den teilweise unbrauchbar gewordenen Strecken zählen bei-
spielsweise die Schlucht des Eisack zwischen Säben und Bozen, der Brenner und
5 Plinius d. Ä. Nat. Hist. XXXVI 1 ; Braemer, L’Exploitation et le commerce 33 f.
6 Pauli, Alpen 56 ; Schneider, Fränkische Alpenpolitik 32.
7 Suter, Prähistorische und frühgeschichtliche Funde aus dem Eis 21 f.
8 Mandl, Almen 35.
9 Pauli, Alpen 240 ff. Allerdings ist die Verwechslung mit jüngeren Gleisspuren leicht.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361