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142 Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege
chen geweiht.144 Einige Jahrzehnte später erscheint Aguntum schon wieder in den
Quellen : Ein bairisches Heer schlug sich hier um 610 gegen Slawen und Awaren
und erlitt eine Niederlage.145 Dieser Ort war demnach in der zweiten Hälfte des
6. und Anfang des 7. Jh. von äußerstem Interesse. Grund dafür war unter ande-
rem, dass sich in diesem Raum mehrere bedeutende Alpentransversalen trafen.
Eine Kontrolle dieses Platzes bedeutete, eine Drehscheibe des Verkehrs der Ost-
alpen in der Hand zu haben. Nach der Niederlage der Baiern hatte sich hier das
gesamte 7. Jh. hindurch die slawisch-awarische Einflusssphäre durchgesetzt. Es
gibt nun keine Erwähnung des Ortes mehr und im Laufe des Jahrhunderts dürfte
sich der Schwerpunkt der Verkehrslinien weiter westlich nach Innichen und zum
Kreuzbergpass sowie in das Cadore verlegt haben. Die archäologischen Funde
und Ortsnamen deuten aber auf eine einheimische, christliche Kontinuität.146 Dies
macht es sehr wahrscheinlich, dass zumindest ein kleinräumiger Handels- und
Reiseverkehr entlang der West-Ost-Route Drautal–Pustertal und der Nord-Süd-
Route Salzburg–Hochtor–Plöckenpass–Oberitalien weiterbestehen konnte. Unter
den Ottonen wurde die Straße über das Pustertal ausgebaut, denn es sollte noch
eine zusätzliche Möglichkeit nach Süden offenstehen, wenn die anderen versperrt
waren.147 Ein ähnliches Motiv hatten wohl auch die fränkischen Herrscher, als sie
der Verbindung Chur–Drautal so viel Aufmerksamkeit widmeten.
Schon etwas früher hatte das Bistum Salzburg mithilfe der bairischen Herzöge
ebenfalls versucht, die antiken Wege über die Ostalpen zu erneuern und in seine
Macht zu bekommen. Die Gründung der Maximilianzelle in Bischofshofen war
ein Zeichen dieses Bestrebens. Freising war jedoch mit den Bemühungen, die
alten Verbindungen zu revitalisieren, erfolgreicher als Salzburg. Im Gegensatz zu
Bischofshofen wurde das Kloster Innichen nie Opfer der slawischen Nachbarn.
Die Maximilianzelle musste laut den Breves Notitiae aufgrund der Zerstörung
durch Slawen sogar einige Zeit aufgegeben werden.148 Am weiteren Ausbau der
Ostroute war das Bistum Freising ebenfalls stark beteiligt. Es erlangte vom 9. bis
zum 11. Jh. Güter vor allem entlang der Drau und der Save. Sie konzentrierten
sich bei Teurnia/Lurn/Liburnia und Maria Wörth sowie bei Bischofslack an der
144 Dazu Berg, Bischöfe 83 ; MGH Epp. 1, S. 21 f.; Venantius Fortunatus Vita S. Martini Lib. IV MGH
Auct. ant. 4.1 2, S. 368.
145 Paulus Diaconus Hist. Lang. IV 39 ; Wolfram, Grenzen und Räume 78 f.
146 Karwiese, Ager Aguntinus 32 u. 57 und siehe entsprechende Abschnitte in den Kapiteln „Kirche“
und „Besiedlung“ auf S. 198 und 244.
147 Bosl, Die Gründung Innichens 412, Wolfsgruber, Beziehungen des Bistums Freising 468.
148 Breves Notitiae 3.15 ed. Lošek 93. Genaueres über die Rolle von Bischofshofen und Innichen ab
S. 230.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361