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Christentum 199
auf. Der Name der antiken Stadt Teurnia erscheint im 9. Jh. als Liburnia in der Con-
versio, gemeint ist ein heute noch nicht identifizierter Ort nahe der antiken Stadt.154
Auch der heutige Raumname „Lurnfeld“ trägt das antike Erbe noch in sich.155
Im etwa 10 km entfernten Molzbichl zeigt die Grabplatte des Diakons Nonnosus
sogar eine christliche Kontinuität an. Die Platte selbst dürfte aus einer spätantiken
Kirche der Umgebung, vielleicht aus Baldersdorf, stammen.156 Bei Virunum sind
es die nur wenige Kilometer entfernten Orte Maria Saal und Karnburg, die die
frühmittelalterlichen Zentren ausmachten. Die Vermutung liegt daher nahe, dass
einige dieser „neuen“ Orte rund um Teurnia ihre Wurzeln in der Spätantike haben
und damit hier eine ähnliche Entwicklung vorliegt wie im Raum Aguntum oder in
Octodurum/Martigny, wo dank der besseren Quellenlage die Orte schon in der
Spätantike dokumentiert sind.
Ein christliches Zentrum, das offenbar ohne Bezug zu einer spätantiken Stadt auf
einer befestigten Höhenlage gegründet worden war, ist der Bischofssitz von Säben.
Die spätantiken Kirchen thronten auf einem hohen Felsen über dem Eisacktal,
kurz vor der nur in römischer Zeit begehbaren Engstelle der Kunterschlucht und
etwa 25 km von Bozen entfernt. Der Bischofssitz ist keiner antiken römischen civi-
tas zugeordnet und „[…] entspricht in keiner Weise den kanonischen Vorschriften
von Serdica“157 – nämlich insofern, als der Sitz nur an Orten sein durfte, die dem
Ansehen des Bischofes entsprachen. Es befindet sich aber nur die Straßenstation
Sublavione in der Nähe.158 Gelegentlich wird dieses Bistum daher als Fluchtbis-
tum, vielleicht von Augsburg, angesprochen.159 Das Bistum Sabiona/Säben wurde
Mitte des 6. Jh. zum ersten Mal erwähnt, vom Ende des 6. bis Mitte des 8. Jh.
gibt es keine Nachrichten. Ursprünglich gehörte es zum Metropolitanverband von
Aquileia, wurde aber 798 Salzburg zugeordnet. Bonifatius nennt Säben in seinem
Plan für die kirchliche Organisation des bairischen Herzogtums von 739 nicht,
woraus man schließen könnte, dass das Bistum damals noch zu Aquileia gehörte
und südorientiert war.160 Säben galt im 9. Jh. als arm und sein Einfluss war im frü-
hen Mittelalter eher gering. Allerdings zeigt die Nennung der Bischöfe an erster
154 Mehr über die Siedlungstopografie von Teurnia und dem Umland ab S. 245. Conversio c. 5 ed.
Wolf ram S. 44.
155 Hausner/Schuster, Altdeutsches Namensbuch 636.
156 Glaser/Karpf, Ein karolingisches Kloster 5 ; Karpf, Heiliger Nonnosus 151 ; Schretter, Von noricum
meditteraneum 25.
157 Berg, Bischöfe 89.
158 Huter, Säben 7.
159 Warum das eher unwahrscheinlich ist, siehe Berg, Bischöfe 89 ff.
160 MGH Epp.sel.1 Nr. 45, S. 71 f.; Riedmann, Die Funktion der Bischöfe von Säben 96, unter der An-
nahme, dass in Säben durchgängig Bischöfe waren (s. o.).
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361