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Christentum 215
ist eine aquileiische Gründung – darauf
weist der Name „Dorf des Patriarchen“
– obwohl nördlich der Drau gelegen. 234
Der Befund zeigt, dass das Christen-
tum im karantanischen Kernraum um
Teurnia und Virunum eben nicht an
Plätzen mit spätantiken Wurzeln wie-
derangesiedelt worden war. Dies steht
im Gegensatz zum Raum um Aguntum,
wo einige Kirchen eine Kontinuität von
spätantikem zum aktuellen Bau zeigen,
sogar am Platz des antiken Bischofssit-
zes am Lavanter Kirchbichl selbst.235
Auch die Stadt Iuvavum setzt eine an-
tike Tradition fort, genauso wie etwa
100 Jahre später am Ort der spätantiken
Städte und Bischofssitze Celeia/Celje
und Poetovio/Ptuj die Besiedlung wie-
deraufgenommen bzw. herrschaftlich
ausgebaut wurde.236 Was könnten also
die Ursachen dieses Bruches mit den
antiken Traditionslinien sein ?
Der Raum Teurnia und Virunum ge-
hörte zu dem ganz alten „Anspruchs-
raum“ Salzburgs, der in der Conversio als alleiniges Missionsgebiet des Bistums
Salzburg dargestellt wurde. Die einzige bekannte frühmittelalterliche Kirche, die
eine spätantike Tradition aufgenommen hatte, war die des Klosters in Molzbichl
nahe Spittal/Drau. Hier wurde eine spätantike Grabplatte aus dem Jahr 533 in die
frühmittelalterliche Kirche aus dem endenden 8. Jh. eingebaut. Die Platte dürfte
aus der Umgebung stammen und war dem heiligen Nonnosus gewidmet.237 Dieser
234 Wolfram, Grenzen und Räume 226 ; Karwiese, Ager Aguntinus 56 ; Dopsch, Zur Missionstätigkeit
des Patriarchats Aquileia 17.
235 Wobei sich hier die Frage stellt, warum der Bischofssitz nicht reaktiviert wurde. War der Raum zu
unbedeutend, oder wollte Aquileia Salzburg nicht allzu nahetreten ?
236 Spätantike Bischofssitz : Berg, 62 ff. (Poetovio), 69 f. u. 85 (Celeia). Milavec, A review of research
251 ff. zum aktuellen Forschungsstand der frühmittelalterlichen Besiedlung in Slowenien.
237 Die Inschrift datiert im Jahr 533 und lautet : + Hic re[quies]/ci(t) servus Xr[i](stou ?) / Nonnosus
diac(onus) / qui vixit annos / pl(us) m(inus) LIII obiit / IIII Non(as) Septemb(res) / et deposit(us)
Abbildung 17 : Der spätantike Grabstein des
Nonnosus.
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Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361