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250 Menschen in den Alpen
rade in den Alpen häufig auf diese Weise gesiedelt. Im Zentral- und Ostalpenraum
befanden sich zahlreiche spätantike Siedlungen und Befestigungen auf Anhöhen,
die von S. Ciglenečki (1987, Katalog 14 ff.) ausführlich dokumentiert wurden. Da-
bei zeigte sich, dass sich an mehr Orten als gedacht spätantike Spuren fanden,
beispielsweise in Gröbming und der Ramsau im steirischen Ennstal.437 Leider sind
diese Funde oft karg und daher nur grob datierbar. Viele Ausgrabungen stammen
außerdem aus der ersten Hälfte des 20. Jh. und sind daher nicht immer verlässlich.
Man kann verschiedene Typen von Höhensiedlungen unterscheiden. Das Spek-
trum reicht von rein militärischen Anlagen über Fluchtburgen, die nur in Zeiten
der Bedrohung bewohnt wurden, bis hin zu permanent besiedelten Orten – „mini-
aturhafte ‚poleis‘ der spätantiken Welt“.438 Zwischen diesen verschiedenen Formen
gab es zahlreiche Übergänge.
Die ersten Höhenbefestigungen wurden im 3. und 4. Jh. erbaut. Sie lagen meist
nahe wichtiger Fernstraßen und hatten starke Wehrmauern sowie Türme. Hier
finden sich selten gemauerte Gebäude im Inneren. Ein Untertypus war der klei-
nere Militärposten : ein Turm, genannt burgus.439 In den Alpen findet sich eine
rein militärische Befestigung beispielsweise in Iuvavum unter der heutigen Feste
Hohensalzburg. Die Mauern können durch Münzen des Magnentius (350–353),
Valentinian I. (364–375) und Valens (364–378) in das 4. Jh. datiert werden. Dies
entspricht den Bestrebungen unter Valentinian, die Orte des Hinterlandes mit mi-
litärischen Festungsbauten auszustatten.440
Die Anlagen des 5. und 6. Jh. hatten weniger regelmäßige Formen und waren
mit dünneren Mauern ausgestattet. Manche Festungen hatten nicht einmal eine
Mauer, da sie durch ihre Lage alleine gut geschützt waren. Einige dieser Höhen-
siedlungen liegen recht abgelegen von den Verkehrsverbindungen. Dies könnte aus
einem Schutzbedürfnis heraus entstanden sein. Allerdings wurden manche Wege
im frühen Mittelalter anders geführt, die Orte lagen vielleicht weniger versteckt
als gedacht. Zusätzlich mussten die Siedlungen gewisse topografische Anforderun-
gen erfüllen und idealerweise noch eine gut erreichbare Wasserversorgung aufwei-
sen. Manchmal war es daher gar nicht möglich, eine Höhensiedlung nahe an den
Verbindungswegen zu errichten. Innerhalb der Befestigung befanden sich kleine
Holz- und Steinbauten und oft stand in der Mitte oder an erhöhter Stelle eine Kir-
che. Dieser Typus der Schutzburg beherbergte meist auch eine größere, unbebaute
437 Ciglenečki, Höhenbefestigungen 28 ; Gassner (Hg.), Am Rande des Reiches 350 ff.; Herbert : Ver-
suchsgrabung in einer inneralpinen spätantiken Rückzugssiedlung 12.
438 Ciglenečki, Höhenbefestigungen 114.
439 Ebd. 111 f.
440 Kovacsovics, Iuvavum 190.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361