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Wirtschaft 281
Landes waren daher Teil des frühmittelalterlichen Agrarsystems und können als
Zeichen vermehrter Viehwirtschaft interpretiert werden.627 Auch für andere Regi-
onen Mitteleuropas kann die schon in prähistorischer Zeit angewandte Methode
der Brandrodung nachgewiesen werden. Eine Folge dieser Wirtschaftsform sind
auch die sogenannten shifting villages : Nahe dem neu abgebrannten Wald- oder
Buschgebiet wurde eine Siedlung gegründet. Nachdem die Fruchtbarkeit des Bo-
dens nach einigen Jahrzehnten aufgebraucht war, wurde die nächstgelegene geeig-
nete Fläche mittels Brandrodung urbar gemacht und das Dorf dorthin verlagert.628
Besonders in den großen Waldflächen der Alpen wurden so neue Siedlungs- und
Wirtschaftsflächen geschaffen. Schon im 11. Jh. erreichte man dadurch die natürli-
chen Grenzen des alpinen Landausbaues.629
Auch die slawische Landwirtschaft nutzte die Brandrodung.630 In dem so gewon-
nenen Ackerland wurde Hirse angebaut, weiters Roggen vor Saatweizen, Gerste,
Dinkel und Hafer. Zusammen mit der Nutzung von Linsen, Erbsen und Ackerboh-
nen unterschieden sich also die Grundnahrungsmittel der slawischen Bevölkerung
wenig von den traditionell in den Alpen angepflanzten. Neu im Alpenraum könnte
hingegen die hochentwickelte Gartenkultur der Slawen gewesen sein : Neben Pe-
tersilie und Dill wurden Sellerie und vor allem die sonst seltene Gurke angebaut.
Das breite Angebot an Nahrungsmitteln der slawischen Oberschicht könnte eine
Kontinuität aus der Spätantike anzeigen.631
Für die antike Gesellschaft war der Wein, mit Wasser vermischt, ein überaus
geschätztes Getränk und deshalb ein wichtiges Handelsprodukt. Im Christentum
war der Wein für Kirchen und Klöster aufgrund der liturgischen Vorgaben unver-
zichtbar, jede Messe musste mit Wein gefeiert werden. Als typisches mediterranes
Gewächs ist die Kulturgrenze des Weines jedoch sehr niedrig und der Anbau ist in
vielen alpinen Gebieten nicht möglich. Man kann aber die heutige Kulturgrenze
von Wein nicht genau mit der des ersten Jahrtausends vergleichen, da die Quali-
tätsansprüche um einiges niedriger waren. Klöster und Kirchen feierten ihre Mes-
sen lieber mit saurem Wein, bevor sie gar keine Messe abhalten konnten. Die Be-
deutung des Weines für Klöster ist in zahlreichen Heiligenviten zu erkennen, etwa
627 Durand : Les milieux naturels 89 ff.
628 Küster, Geschichte der Landschaft 110 f., 163 f.; Wickham, Framing 496 zu „itinerant agriculture“,
„shifting villages“. Brandrodung ist typisch für mittelalterliche, alpine Landwirtschaftsformen. Bir-
kenhauer, Alpen 107 ff.
629 Ostalpen : Brunner, Herzogtümer und Marken 116 ; Krawarik, Siedlungsgeschichte 171 ; Überbevöl-
kerung in den Westalpen (14. Jh.) : Jourdain-Annequin (Hg.), Atlas culturel 272 (Falque-Vert).
630 Göckenjahn/Zimonyi (Hg.), Orientalische Berichte Ibn Rusta 80 ff.; Gardizi 178 ff.
631 Kroll, Ernährung 111 f.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361