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Zusammenfassung 295
das Verschwinden des Sitzes verantwortlich. Beispiele dafür sind etwa die nicht
einmal 2 km voneinander entfernt liegenden Bischofssitze Cimiez und Nizza. Ci-
miez wurde schließlich aufgegeben. Unvorteilhafte politische Verhältnisse konn-
ten ebenfalls zum Verschwinden einer Diözese führen, wie beispielsweise das
unglückliche Agieren des Bischofs von Zuglio vor Augen führt. Ein Wechsel in
der Herrschaft konnte auch den Untergang der christlichen Organisation bewir-
ken, wie die slawisch-awarische Eroberung der Ostalpen zeigt. Andere Bistümer
hingegen konnten ihre Macht beträchtlich erweitern. In Chur hatte der Bischof
sowohl geistliche als auch weltliche Macht inne und kontrollierte damit die für
Handel und Kommunikation so wichtigen Bündner Pässe. Salzburg konnte von
einer unbedeutenden römischen Provinzstadt zum wichtigsten religiösen Zentrum
der nördlichen Voralpen aufsteigen.
Christliche Institutionen und Bauten beeinflussten maßgeblich die Siedlungs-
entwicklung im frühen Mittelalter. Verschwand ein Bischofssitz, so ging in den
meisten Fällen auch die Stadt unter. In der Spätantike waren im Alpenraum beson-
ders in den Bischofssitzen Kirchenfamilien üblich, die in der Regel aus einem Bap-
tisterium und mehreren Kirchen bestanden und große Bereiche des Stadtraumes
innerhalb der Befestigungen einnahmen. Ab der karolingischen Zeit wurden diese
Kirchenfamilien zunehmend von einer einzigen Kirche abgelöst. Außerhalb der
Stadtmauern entwickelten sich oft rund um Grabkirchen bedeutender christlicher
Persönlichkeiten neue Siedlungskerne.
Die Entwicklungen des Christentums im 6. und 7. Jh. sind in den nördlichen
Alpen nicht gut dokumentiert. Vermutlich konnte das spätantike Christentum auf
recht breiter Basis weiter bestehen, allerdings sind die Quellen kritisch, was die
Qualität dieses Christentums betrifft. In den Ostalpen wurde oft ein völliger Un-
tergang des Christentums angenommen, da die karolingischen Quellen nur von
Heiden und Mission erzählen. Hier sprechen die archäologischen Quellen eine an-
dere Sprache als die schriftlichen. Möglicherweise wurde daher in diesen Schriften
das pagane Element betont, um die Machtansprüche der Kirche und der bairisch/
fränkischen Herrscher zu untermauern.
Eine neue Erscheinung in den frühmittelalterlichen Alpen waren die großen
Klöster, die hauptsächlich ab dem Ende des 7. Jh. an den wichtigen Übergängen
des Gebirges gegründet wurden. Diese waren wichtige Stützpunkte an den Kom-
munikationsrouten über die Alpen. Zeichen für die Bedeutung der Klöster für die
Routen sind die zahlreichen Zollprivilegien und die reichen Ausstattungen, die sie
bei der Gründung mitbekamen. In den West- und Zentralalpen lagen die Konvente
im Gebirge und direkt am Passfuß, beispielsweise Novalesa, Disentis oder Müst-
air. Weiter östlich entstanden die Klöster selten innerhalb des Gebirges, sondern
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361