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Der Ostalpenraum : Von Binnennoricum zu Karantanien 337
den Karantanen zugeordnet werden. Allerdings stammen sie größtenteils aus einer
Zeit, als Karantanien schon unter der Herrschaft der Baiern stand.224 Die Gräber
bei Kremsmünster und im Ennstal zeigen „[…] Kontinuität aus spätawarischer
Zeit aber auch eine immer stärker werdende Anbindung an die ostkarolingische
Kultur“.225
Gürtelgarnituren kommen ab dem Ende des 6. Jh. auf und sind vor allem im
awarischen Raum verbreitet. Sie sind schon vorher bekannt, erlangen aber erst
ab der Zeit um 600 einen Rang als militärisches Statussymbol.226 Bestimmte Gür-
telgarnituren wurden, vermutlich als militärisches Rangabzeichen, in Byzanz ver-
wendet und kamen über diplomatische Beziehungen, Handel oder Raub in den
awarisch-slawischen Raum. Vor allem diplomatische Verbindungen dürften maß-
geblich für die Verbreitung dieser oft sehr wertvollen Gürtel gewesen sein.227 Die
bei Vrap gefundene Garnitur hatte beispielsweise einen Wert von etwa 154 Solidi.
Zum Vergleich : Ein Soldat erhielt unter Justinian etwa fünf Solidi, ein Bischof für
seinen Haushalt 40 und ein Offizier 400 pro Jahr.228 Die Vorbildwirkung der byzan-
tinischen Welt war es auch, die das Modell dieser Gürtelgarnituren über die ver-
schiedenen Reichsgrenzen hinweg verbreitete.229 Original mediterrane Produkte
wurden besonders oft in den slawischen Regionen rund um das awarische Reich
gefunden, in Österreich in Micheldorf, Hohenberg230 und am Kanzianiberg.231 Hier
war die awarische Macht offenbar schwächer, was Byzanz motivierte, wieder aktiv
zu werden. Diese Funde zeigen, dass im 8. Jh. byzantinische Interessen – sei es in
Form von Handel oder von diplomatischen Missionen – bis in den Ostalpenraum
hinein eine Rolle spielten.232
Die Gürtelgarnituren der Ostalpen wurden an wichtigen Alpentransversalen ge-
funden. Micheldorf liegt am Ausgang der alten Römerstraße über den Pyhrnpass.
224 Ebd. 121.
225 Daim, Geschichte und Archäologie der Awaren 49.
226 Schmauder, Vielteilige Gürtelgarnituren 19, 39.
227 Vida/Pásztor, Der beschlagverzierte Gürtel 342.
228 Constantinus Porphyrogenitus De administrando imperio 1.134 und 2.4 ; Daim, Byzantine Belts
154 ff.
229 Daim, Die Awaren am Rand der byzantinischen Welt 185 ff.
230 Nowotny, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Hohenberg 215 ff.; Daim, Die vielteilige Gürtel-
garnitur 326.
231 Daim, Byzantine Belts 158.
232 Daim, Die Awaren am Rand der byzantinischen Welt 193 ; Breuer, Byzanz an der Donau 121 meint,
dass auch „[…] andere Fundtypen wie Ohrringe, Agraffen, Miniaturriemenzungen von Wadenbin-
den, Pferdegeschirr oder Gelbe Keramik in Design und Herstellungstechnologie aus dem mediter-
ran-byzantinischen Raum beeinflusst sein könnten“.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361