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Der Ostalpenraum : Von Binnennoricum zu Karantanien 339
Die karantanischen Eliten blickten somit das gesamte 8. Jh. lang noch nach Osten,
wenn sie ihre Ränge definierte. Grabfunde sind im Moment noch die einzigen Quel-
len dieser Zeit. Vielleicht kann man die Vorliebe der zum Christentum konvertierten
Slawen für biblische Namen auch mit byzantinischen Vorbildern verknüpfen. Denn
im Laufe des 6. und 7. Jh. verbreiten sich aus den byzantinischen Gebieten Italiens
über Oberitalien Namen wie Johannes, Andreas und Petrus in ganz Europa.239 Noch
im 9. Jh. war der byzantinische Einfluss in Pannonien und daher vielleicht auch im
Ostalpenraum sehr stark, wie die missionarischen Aktivitäten der Brüder Cyrill und
Methodios und die daraufhin in großer Alarmbereitschaft abgefasste Conversio zei-
gen.240 Die baulichen Überreste des frühen Mittelalters in Karantanien zeigen eine
stilistische Verwandtschaft mit Oberitalien und Istrien, so die Reliefplatte von Mill-
statt und die Schrankenplatte aus Zweikirchen, beide aus dem 9. Jh.241
Bemerkenswert ist, dass die spezielle Beigabesitte der Vergesellschaftung von
östlichen Gürtelgarnituren mit den westlichen Waffen auch noch zu jener Zeit
stattfand, als das karantanische Reich schon dem bairischen Herzogtum unterge-
ordnet war. Dieser selbstbewusste kulturelle Ausdruck spricht für eine recht au-
tonome Auslegung des Abhängigkeitsstatus, der letztendlich zu den überlieferten
carmula gegen den bairischen Herzog geführt haben dürfte.
Unklar ist allerdings, was der Motor dieser Elitenbildung war, die nun so deut-
lich in den Quellen hervortritt und mit dem beginnenden 8. Jh. eingesetzt haben
dürfte. Möglicherweise waren es die politischen und wirtschaftlichen Interessen
des Frankenreichs aber auch der Langobarden oder von Byzanz, die vermehrt
Händler und Gesandtschaften in den Raum kommen ließen. Auch das oben ge-
nannte Erstarken des bulgarischen Reiches und die damit verbundene Suche nach
ungestörten Handelsrouten könnten eine Rolle gespielt haben.
Ende des 8., vielleicht erst Anfang des 9. Jh., verschwinden die Gürtelgarnitu-
ren aus den Gräbern.242 Dies dürfte wohl mit den historischen Ereignissen zu-
sammenhängen : Im Jahr 772 konnte Tassilo gegen dissidente Karantanen einen
Sieg erringen und Ende des 8. Jh. unterwarf schließlich Karl der Große das Reich
der Awaren. Die letzten Aufstände in den Ostalpen datieren in die Jahre um 820,
als sich einige karantanische Gruppen Liudewit anschlossen, der schließlich 822
besiegt wurde. Die Kultur der Eliten passte sich nun wohl ganz dem fränkischen
Vorbild an und byzantinische Einflüsse wurden weiter nach Osten gedrängt.
239 Huber, Die Personennamen Graubündens 406 ; biblische Namen bei den Slawen : Mader, Alpensla-
wen 152 f.
240 Wolfram, Conversio 13 f.; Avenarius, Die byzantinische Kultur 44 ff.
241 Czerwenka-Papadopolous, Bemerkungen 259 f.
242 Daim, Geschichte und Archäologie der Awaren 45 ; Szameit, Karantanen und Donauslawen 322.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361