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350 Resümee
Die Eroberung des Aostatales erfolgte im Jahr 523), Novalesa (726), Bischofshofen
(711), Innichen (769) und viele andere mehr.
Über das Landleben wissen wir relativ wenig, da sowohl archäologische als
auch schriftliche Quellen fehlen. Sicher ist : Die Landwirtschaft bestand vor allem
aus Subsistenzwirtschaft. Über die Abgaben an die Grundherren und den Eigenbe-
darf hinaus wurde wenig produziert. Nicht vergessen darf man allerdings, dass die
zahlreichen Reisenden über die Alpen auch versorgt wurden, denn Verpflegungs-
probleme werden in den Quellen nie genannt. In römischer Zeit war besonders
die Schafzucht in den Westalpen aber auch in Noricum bedeutend. Dies gilt auch
noch für die Spätantike, wo eine nicht unbedeutende norische Textilproduktion
angenommen werden kann. Quellen für eine überregional bedeutende Viehzucht
gibt es erst wieder ab dem hohen Mittelalter. Ein frühes landwirtschaftliches Ex-
portprodukt war der Wein, der von den Südabhängen der Alpen nach Norden
gebracht wurde.
An all diesen Strukturen – Verkehrswege, Christentum, Besiedlung, Landwirt-
schaft – zeigt sich, dass im größten Teil der Alpen die Entwicklung der römischen
Strukturen in Richtung mittelalterliche zwar mit teilweise großen Änderungen
verbunden waren, diese sich aber relativ bruchlos entwickeln konnten. Dies gilt
vor allem für die Westalpen. Aber auch die zentralen Alpen zeigen gegen Ende des
8. Jh. bis in den nördlichen Voralpenraum hinein noch eine starke Verbundenheit
mit den Strukturen der Spätantike. Die Sprache war ein romanischer Dialekt, wie
vor allem an den Orts- und Personennamen erkennbar ist und es gibt zwar we-
nige, aber umso interessantere Reste von provinzialrömischen Rechtsstrukturen.
Diese Menschen waren christlich – wenn sich auch die bischöfliche Organisa-
tion nicht überall gehalten hatte und das Christentum selbst für die theologisch
hochgebildeten Missionare aus den britischen Inseln wohl sehr rustikal gewirkt
haben mag. Auch die Besitzverhältnisse dürften noch in der Spätantike wurzeln.
Im Inntal, in den bairischen Voralpen und im Salzburger Raum verfügten Fami-
lien mit dem genannten „romanischen“ Hintergrund über Güter, die sich oft über
mehrere Talschaften erstreckten. Die Gesellschaft scheint stark geschichtet ge-
wesen zu sein, von sklavengleichen Abhängigen zu wohlhabenden Adeligen, wie
etwa der Romane Dominicus aus der Vita des Corbinian, der als nobilis bezeichnet
wird. In Churrätien, einer Hauptroute über die Alpen, entstand eine mächtige Bi-
schofsherrschaft, die relativ autonom agieren konnte. Der Grund für die anhal-
tende Bedeutung der lokalen Bevölkerung dürfte vielschichtig gewesen sein. Sie
wussten, wie die Übergänge zu organisieren waren und garantierten, dass Handel
und Verkehr reibungslos abliefen. Das Eingreifen in diese funktionierenden Struk-
turen kam daher erst zu einem Zeitpunkt, als die karolingische Macht stark genug
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Subtitle
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Author
- Katharina Winckler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361