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Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung | 387
des Regierungskommissärs, dass (uniformierte) Jugendliche nicht mit Waffen733
auszustatten seien, sowie das Jagdverbot in der Nähe von militärisch bewachten
Eisenbahnen, Brücken oder Wasserwerken. Zudem war der Verkauf von im Krieg
erbeuteten Waffen verboten.734 Ähnliches galt für den Ankauf von Monturteilen
russischer Kriegsgefangener. Des Weiteren bremsten einige staatliche Initiativen
zur Mängelbehebung die „Volksbewaffnung“. Das gilt beispielsweise für das Ende
Juli 1915 vom Kriegsüberwachungsamt „im Interesse der Bereithaltung aller Pul-
versorten für militärische Zwecke“735 verhängte Verbot des Böllerschießens/Wet-
terschießens. Ferner kritisierte die Presse, wie noch auszuführen sein wird, jene
Kinder, die in der Öffentlichkeit mit Waffen (Zwillen/Zwuscheln, Pistolen, Geweh-
ren) hantierten.736 Die Militarisierung (inkl. ihrer Hierarchisierung, Normierung,
Rationalisierung und Entindividualisierung) der Gesellschaft wurde durch diese
Einschränkungen der „Volksbewaffnung“ sowie durch die Desertationen ein wenig
gehemmt.
Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung
Einen Sonderfall bezüglich der tendenziell steigenden Militarisierung der Grazer
Straßen stellte das Mitte August737 gegründete (sozialdemokratische) Arbeiterhilfs-
korps für Graz und Umgebung dar, dessen Kompetenzbereich erst im Nachhinein
mit dem Regierungskommissär abgeklärt wurde. Dieser quittierte die Institutiona-
lisierung dieses Korps uneingeschränkt positiv.738 Im Einsatz unterstand das Arbei-
terhilfskorps je nach Assistenzleistung entweder der Feuerwehr oder dem Roten
Kreuz.739 Geleitet wurde es von hohen Parteifunktionären: Johann(es) Resel (Ob-
mann), Alois Ausobsky (Obmann-Stellvertreter), Franz Lessiak bzw. ab November
Marie Koch (Schriftführerin), Hans Muchitsch (Schriftführer-Stellvertreter) und
August Lindner (Kassier).740 Der unentgeltliche Dienst umfasste prinzipiell huma-
nitäre Hilfeleistungen wie Brandschutz, Unfallaufräumarbeiten, Teilnahme an der
733 Es sei denn, es handelt sich um eine vom Militär kontrollierte Waffenübung, wie jene der Pfad-
finder und Mittelschüler am Feliferhof (Schießstätte) im Juni 1917. Vgl. Jugendveranstaltung, in:
Grazer Mittags-Zeitung, 25.6.1917, 3.
734 Siehe das Kapitel: Erste „Soldatenerzählungen“.
735 Verbot des Wetterschießens, in: Grazer Volksblatt, 14.8.1915, 5.
736 Siehe das Kapitel: Die „Soldatenspiele“ der Kinder.
737 An die Arbeiterschaft!, in: Arbeiterwille, 12.8.1914, 2.
738 Grazer Stadtrat an Statthalterei-Präsidium, 20.9.1914, in: StLA, Statt. Präs. E91/1844/1914.
739 Ebd.
740 Vgl. z. B. Arbeiterhilfskorps, in: Arbeiterwille, 1.11.1914, 6.
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Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Title
- Graz 1914
- Subtitle
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Author
- Bernhard Thonhofer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln- Weimar
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 510
- Keywords
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453