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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Schlussbetrachtung428 schaft eine diffuse Richtung“22, weshalb sie die Charakteristika einer Lewin’schen Gefechtszone führt – wenngleich mit anderen Mitteln. Hüppauf führt hier unter anderem als Beispiel Franz Biberkopf aus Alfred Döblins Roman „Berlin Alexand- erplatz“ (1929) an, der die Raumaufteilung in Freund und Feind nicht durchblickt, sich deswegen „über die Lage der Front täuscht“ und so in Lebensgefahr gerät.23 Bernd Hüppauf führt diesen Umstand folgendermaßen aus: „Eines der Probleme der Stadtbewohner ist es, sich in dem verwirrenden Liniengewirr der Stadt zurechtzufinden und die Front zu lokalisieren. Nur soweit sie sich in dem ver- wirrenden Durcheinander zurechtfinden, können sie sich selbst einordnen und wissen, wo der Gegner steht.“24 Dementsprechend kann angenommen werden, dass das Fragen und Abschätzen, wer ein Feind ist und wer nicht, wo die Front verläuft und wo nicht, ein integraler Bestandteil und ein maßgebliches Erschwernis der damaligen Alltagsbewältigung waren. Am Ende gelang das Sichtbarmachen, das Aufflechten sowie die Regulie- rung jener Stadtlandschaft im „Volkskrieg“, die kein klares „Vorne“ und „Hinten“ kannte, unterschiedlich „gut“ – was nichts anderes bedeutet, als dass es manchen „schlecht“ gelang. Diese Perspektive kann auch für die Analyse der Grazer Ein- heitsbildung eingenommen werden. Grazer Einheitsbildung Die Einheitsbildung erfolgte vielschichtig und sie war von Anfang an brüchig und mit Widersprüchen behaftet. Im Wesentlichen drehte sich der ambivalente Prozess der Einheitsbildung um das Gefühl, dass man ein (vermeintlich) gemeinsames Schicksal zu ertragen habe und dieses Schicksal hieß Krieg. Sieht man von den Pres- sesätzen, die dieses Gefühl einfach konstatierten, ab, nährten die Zeitungen dieses Gefühl auch dadurch, dass sie permanent über das Leben in anderen Städten bzw. Regionen Österreich-Ungarns berichteten. Dieser Vergleich ließ aus meiner Sicht für die Grazer Bevölkerung nur einen Schluss zu: Der Grazer Kriegsalltag hebt sich in vielerlei Hinsicht von den Vorgängen im restlichen Österreich-Ungarn nicht ab. Das galt sowohl für die als positiv als auch für die als negativ aufgefassten Alltags- momente (Gelegenheitsstrukturen). In Graz gab es „patriotische“ Straßenumzüge 22 Hüppauf (1995), 325. 23 Ebd. 24 Ebd.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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