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REISE DURCH DEN JEMEN
77 dünnen Säule auf einem dickeren Pfeiler steht, dane-
ben unterschiedlich lange, noch dickere StĂĽtzen mit
wieder anderen viel dünneren Steinstäben kombiniert
sind. Einige Kapitelle wurden an der StĂĽtzenbasis
als Fundamente verkehrt herum eingesetzt, andere
wieder richtig herum. Es gibt die unterschiedlichsten
Kombinationen von StĂĽtzen und Kapitellen. So wirkt
der Bau der alten Moschee am FuĂź des Tells von
Marib eigenartig provisorisch. Die Decke wird von
rohen Baumstämmen mit Querstäben und Stein- und
Lehm-Auflage gebildet. Einige Felder der Decke dĂĽrf-
ten fĂĽr Licht und Luft offengeblieben sein.
Die sabäischen Tempel und auch die anderen Bau-
ten, aus denen die Spolien stammen, waren mögli-
cherweise schon zerstört, als man sich entschloss, sie
zu plĂĽndern. Vielleicht wollte man aber auch durch
den beliebigen Einsatz der Spolien zeigen, dass die
überwundene Götterwelt der alten Tempel keine
Macht mehr hat. Es handelt sich jedenfalls beim Bau
dieser Moschee um ein typisches Beispiel einer Se-
kundärnutzung alter Tempelbaumaterialien.
Teile der Moschee waren 1991 bereits wieder ein-
gestĂĽrzt. An einer Seite ist die StĂĽtzenhalle mit einer
halb hohen Wand ausgestattet, in die zwischen je-
dem StĂĽtzenzwischenraum ein Fenster oder eine TĂĽr
eingebaut wurde. Auf der Nordseite hingegen folgt
ein Raum mit einem farbig gestalteten Rundbogen-
eingang und kleineren erhöhten Maueröffnungen
rechts daneben. Auf der SĂĽdseite finden sich die
mächtigen, verputzten Pfeiler eines antiken Tempels
aus sabäischer Zeit, die einseitig mit neuen Mauer-
membranen zu einer Wand verschlossen wurden.
Dahinter entstand zur Zeit unseres Besuches ein neu-
Architekturteil eher schwer, weil das Zwischenmate-
rial optisch herausgequetscht wird.
• Korinthisches Kapitell
Beim korinthischen Kapitell hingegen sind die Akan-
thusblätter etwas sehr Weiches. Die Blätter einer Dis-
tel sind zwar stachelig, können aber eigentlich nichts
Schweres tragen. Dadurch wirkt hierbei der oberhalb
folgende Architekturteil eher leicht. Er zerquetscht die
dünnen Blätter nicht.
Der Ansatz fĂĽr die Gestaltung der ionischen und ko-
rinthischen Kapitelle ist also im Gegensatz zu den
Jemenitischen kein konstruktiver. Aber auch beim do-
rischen Kapitell wird nicht klar, um welches elastische
Material es sich handelt, das unter dem Gewicht von
oben auseinandergepresst wird.
Wie wir oberhalb bereits gesehen haben, gab es
auch bei einigen Säulenschäften im Jemen leichte
Kanneluren. Sowohl bei den Griechen wie auch bei
den Jemeniten bestanden die Säulen offensichtlich ur-
sprünglich aus Holz. Das vertikale Schälen der Rinde
von den Baumstämmen mit Hilfe eines Hohleisens er-
gab dann die Kanneluren oder einen polygonalen,
annähernd langgestreckten Zylinder.
*
Die miteinander nicht kompatiblen steinernen StĂĽtz-
glieder mit unterschiedlichen Längen, Stärken, Quer-
schnitten und sonstigen Ausformungen in der Sa-
layman Ibn Dawud Moschee wurden gestĂĽckelt,
miteinander so kombiniert, dass ein StĂĽck einer
Abb. 76
Der obere Teil einer dorischen Säule mit ihrem Kapitell (Koepf 1967:187, Abb. 701).
Abb. 77
Der obere Teil einer ionischen Säule mit ihrem Kapitell (Koepf 1967:194, Abb. 729).
Abb. 78
Der obere Teil einer korinthischen Säule mit ihrem Kapitell (Koepf 1967:29, Abb. 90).
Jemen
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Title
- Jemen
- Subtitle
- Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-670-3
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 308
- Keywords
- Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Vorbemerkungen 7
- Einige Tage Ă„gypten 17
- Reise durch den Jemen 29
- Altstadt von Sanaa 33
- Kleidung von Männern und Frauen 42
- Die leichte Droge Kat 56
- Marib 60
- Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
- Säulen und ihre Kapitelle 74
- Flug ins Wadi Hadramaut 78
- Wasserhäuser 84
- Tarim 86
- Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
- Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
- Mausoleum in Al Ghurfa 107
- Schibam 108
- Seiyun 124
- Auskragungen und Vorspanneffekte 133
- Hureida 139
- Hadjarein 142
- Chrecher 142
- Sif 144
- Bienenhaltung in Amphoren 152
- Al Mukalla 157
- Fahrt nach Aden 165
- Aden 168
- Taiz 175
- Saada 195
- Schahara 202
- Fahrt nach Sanaa 209
- Amran 209
- Thulla 213
- Kaukaban 218
- Kuchlan 224
- Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
- Hodeida 233
- Zabid 236
- Hadjara 242
- Rauda 249
- Baynun 254
- ZurĂĽck entlang des Roten Meeres 268
- Siedlungsformen 273
- Bauformen 277
- Architekturdetails 287
- Apendix