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Geographie, Land und Leute
Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
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Page - 141 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften

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REISE DURCH DEN JEMEN 141 limischer Mann seinen Reichtum nicht zeigen, nicht den Neid des Nachbarn wecken soll, dann kann man den Schleier relativ leicht erklären. Die Neid- vermeidung hat auch zur Folge, dass traditionelle Häuser äußerlich sehr schlicht gehalten sind, meist glatte Fassaden zeigen, und in den typisch islami- schen Medinen die Größe eines Hauses von außen nur schwer abschätzbar ist, weil eine Fassade in die nächste meist ohne klare Zäsur übergeht. Der Jemen ist diesbezüglich eine markante Ausnahme in der is- lamischen Welt. Der Schleier hilft, alle Frauen in der Öffentlichkeit gleich aussehen zu lassen. Sie haben quasi alle eine gleiche “Fassade“. Ich möchte hiermit nicht Par- tei für das Patriarchat ergreifen, aber die Homogeni- tät in der islamischen Kultur darstellen und erklären. Wer etwas gegen den Schleier hat, der muss etwas gegen das Patriachat in diesen Ländern zu unterneh- men versuchen. Dabei sollte man nicht vergessen, dass dieses auch in der Ersten Welt vor noch nicht so langer Zeit erst sukzessive abgeschafft wurde. Weiter oben in der Nähe des mächtigen Wasser- tanks von Hureida ging der feinkörnige sandstein- artige, braungelbe Fels, auf dem die Stadt steht, in einen dunklen, manchmal blaulila und zuweilen auch kräftig tiefroten Farbton über, der aus unbekannten Gründen in kleinen Mengen aus dem Fels gewon- nen wurde. Dazu bohrten die Bewohner offenbar mit Hohlbohrern unterschiedlichen Formates in den Felsen und brachen danach den Kern der Bohrung heraus. Wir konnten nicht herausfinden, welcher Art die Verwendung des farbigen Steinmateriales war. Hinter einem der letzten Häuser fanden wir etwas wirklich Erstaunliches; hier lagen der stark nach Ver- wesung stinkende Kopf und das weiße Skelett eines fast 1 m langen Meeresfisches, was an einem so trockenen, heißen Ort in einem so entlegenen Winkel dieses riesigen, wüstenartigen Wadi-Systems ein sehr unerwarteter Anblick war. Entlang des Wadi Duan sahen wir noch viele Bau- ten mit leichten Auskragungen an den Fassaden. Bei manchen treten Deckenbalken mit geringem Abstand zueinander aus der Fassade vor, auf die außen ein Streichbalken für die oberhalb um den Betrag der Dicke dieses Balkens vortretende Außenwand direkt und ohne Druckausgleichshölzer aufgesetzt war. Bei den meisten Bauten aber liegen die vortretenden Deckenbalken weiter auseinander und kurze Hölzer über den Enden der Deckenbalken sorgen für einen Druckausgleich. Bei diesen ergibt sich hierdurch die “T”-Form. Oben im Bereich des Daches sind auch in Hureida etliche Bauten weiß gestrichen. Das ergibt eine höhere Widerstandskraft der Oberfläche gegen len Moscheen von Seiyun, Schibam oder Tarim an- gelegt. Zur Zeit als Hans Helfritz in den 30er Jahren des 20 Jh. das Minarett von Hureida mit den Aus- kragungen fotografierte, gab es zumindest noch eine Moschee in dieser Stadt mit einem solchen Turm. Unten in der Stadt gab es bei einigen Handelshäu- sern sehr breite, große Türen, die über eine kleinere mittig angeordnete zusätzliche Gehtüre verfügten. Es handelte sich um alte schön geschnitzte und mit den originalen Holzschlössern ausgestattete Tore. Bei der Wanderung durch Hureida, auch auf der Suche nach dem “Helfritz-Minarett“, begegneten wir schon im unteren Bereich mehreren anderen Moscheen und auch einem Friedhof mit eigenwillig geformten Grab- bauten für verehrte Geistliche. Bald stiegen wir immer weiter hinauf, bis wir in sehr enge unübersichtliche Gassen gerieten, in eine richtige Medina. Hier trafen wir einige vollständig schwarz verschlei- erte Jemenitinnen, die sich entgegen den sonstigen Gewohnheiten gerne fotografieren ließen. Alle hatten nur einen feinen Sehschlitz für die Augen frei. Bei einer Frau war auch dieser Schlitz über der Nase nochmals unterbrochen, sodass nur zwei feinere lin- senförmige noch kleinere Öffnungen für die Augen zum Sehen frei blieben. Teile der Verschleierung bestanden über den Schultern und an den Ärmeln aus glänzendem, schwarzem Seidenmaterial, das mit Pflanzen-Mustern Schwarz in Schwarz gestaltet war. Auf dem Kopf wurde der Schleier von einem weißen, dünnen Band geziert und gehalten. Sehen konnte man von den Frauen nur ihre Hände mit zahl- reichen dünnen gravierten Goldreifen am Arm und die Füße. Hier in diesem etwas entlegenen Teil von Hureida waren fast alle Frauen barfuß unterwegs. Da der Boden sehr trocken und fast überall von einer meist mehrere Zentimeter dicken Schicht von ganz fein gemahlenem Staub bedeckt war, ging die Farbe des schwarzen Rockes nach unten langsam in die Farbe des Staubes über. Die Hüfte wurde bei einer Frau durch eine Silberkette betont. Sie hatte Fuß- und Fingernägel mit Nagellack rot gefärbt). Wenn man das patriarchale System im Jemen und auch allgemein in der islamischen Welt einmal nicht in Frage stellt und akzeptiert, dass die Frauen nach der Verehelichung quasi und meist auch juridisch das Eigentum des jeweiligen Mannes ist, und wenn man weiß, dass der Islam sehr auf Ausgleich bedacht ist, und dass man Neid vermeiden soll, dass ein mus- Abb. 145 Manche der Häuser von Hadjarein stehen auf der Außenkante von überhängenden Felsen.
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Jemen Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Title
Jemen
Subtitle
Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften
Author
Hasso Hohmann
Publisher
Verlag der Technischen Universität Graz
Location
Graz
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-670-3
Size
20.0 x 27.0 cm
Pages
308
Keywords
Vorderasien, arabische Halbinsel, Sanaa, Aden, Architektur
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. Vorbemerkungen 7
    1. Reisemotive 9
    2. Reiseplanung 12
  2. Einige Tage Ägypten 17
    1. Sakkara 18
    2. Memphis 19
    3. Gizeh 20
    4. Kairo 21
    5. Ägyptisches Nationalmuseum 24
    6. Altstadt von Kairo 25
  3. Reise durch den Jemen 29
    1. Altstadt von Sanaa 33
    2. Kleidung von Männern und Frauen 42
    3. Die leichte Droge Kat 56
    4. Marib 60
    5. Die Salayman Ibn Dawud Moschee 73
    6. Säulen und ihre Kapitelle 74
    7. Flug ins Wadi Hadramaut 78
    8. Wasserhäuser 84
    9. Tarim 86
    10. Türen und ihre hölzernen Fallenschlösser 93
    11. Vergleich mit Türschlössern auf Tinos 100
    12. Mausoleum in Al Ghurfa 107
    13. Schibam 108
    14. Seiyun 124
    15. Auskragungen und Vorspanneffekte 133
    16. Hureida 139
    17. Hadjarein 142
    18. Chrecher 142
    19. Sif 144
    20. Bienenhaltung in Amphoren 152
    21. Al Mukalla 157
    22. Fahrt nach Aden 165
    23. Aden 168
    24. Taiz 175
    25. Saada 195
    26. Schahara 202
    27. Fahrt nach Sanaa 209
    28. Amran 209
    29. Thulla 213
    30. Kaukaban 218
    31. Kuchlan 224
    32. Al Qurazihah, ein Kral der Tihama 229
    33. Hodeida 233
    34. Zabid 236
    35. Hadjara 242
    36. Rauda 249
    37. Baynun 254
    38. Zurück entlang des Roten Meeres 268
  4. Siedlungsformen 273
    1. Schibam 273
    2. Hadschara 273
    3. Hadscharain 274
    4. Schahara 274
    5. Al Qurazihah, Afrikanischer Kral im Jemen 275
    6. Aden 276
  5. Bauformen 277
    1. Adobe-Lehmhochhäuser 277
    2. Saada-Lehmbauweise 278
    3. Schaabwa-Riegelwände 278
    4. Steinbauten 284
    5. Vorkrageffekte bei Lehmbauten 284
    6. Rundtürme mit aufgebauten Kleinpalästen 285
  6. Architekturdetails 287
    1. Kuppeln 287
    2. Gurtbögen 287
    3. Säulen, Pfeiler und ihre Kapitelle 288
    4. Verschachtelungen 288
  7. Apendix
    1. Bibliographie 292
    2. Abbildungsnachweis 294
    3. Anmerkung zu Ortsnamen 295
    4. Glossar 296
    5. Zu den Reisenden 302
    6. Dank des Autors 303
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