Page - 210 - in Jemen - Traumhafte Bauten, Wilde Landschaften

REISEBERICHT 210 Als ich wenige Tage später bei der Stadtplanung in Sanaa mit einem deutschen Planer sprach, erzählte dieser, dass er versucht habe, für Amran eine Um- fahrungsstraße zu planen, um den historischen Kern verkehrsberuhigen zu können und den innerstäd- tischen Verkehr dadurch nach außen zu verlagern. Außerhalb der Stadt gibt es auf einer Seite ein freies Feld, weil dort in der Regenzeit alles unter Wasser steht. Dort wollten die Deutschen die Umfahrungsstra- ße bauen, weil hier auch ein Straßendamm Schutz für die historische Stadtbefestigung geboten hätte. Nach Fertigstellung der Pläne wurden diese mit allen betroffenen Eigentümern eingehend besprochen und diskutiert. Da es im ganzen Jemen kein Grundbuch gibt, wurden die Pläne ausführlich im Gelände erklärt und alle stimmten dem Projekt zu. Als es dann aber an die Realisierung ging, sei einer der Imame und Grundeigentümer mit einer kleinen Privatarmee mit Kalaschnikows, Krummdolchen und Gewehren bewaffnet angerückt und habe die Arbei- ter und den Caterpillar-Fahrer verjagt, weil er erst da wirklich begriff, wo die Straße über einen Teil seiner Ländereien verlaufen würde. Vielleicht hatte er bei destens zwei Bauabschnitten errichtet. Unten ist es über zwei Geschoße aus Stein gemauert, während das zweite Obergeschoß in Lehmbauweise aufge- setzt wurde. Ein großer Torbogen empfing den Be- sucher. Auffallend waren die vielen weißen Fensterlaibun- gen, die sich faschenartig auf die Fassaden aus- dehnen. Es finden sich viele Kombinationen von Steinarchitektur und Lehmbauweise. Das mächtige Minarett der Moschee hingegen ist aus gebrannten Ziegeln gemauert und zeigt sehr innovative Muster mit diesem Baumaterial. Von der Stadtmauer, die unter Imam Al Kasim zwischen 1716 und 1727 er- richtet wurde, fehlte bis vor kurzer Zeit nichts. Ein heftiges Hochwasser hatte wenige Wochen vor unserem Besuch Teile dieser Mauer unterspült und zum Einsturz gebracht. Sie umschloss aber auch zu unserer Zeit noch immer fast die gesamte Stadt Amran. Der moderne motorisierte Verkehr gefährde- te allerdings den Althausbestand bereits sehr, weil die Gassen dafür an mehreren Stellen zu eng sind. Staub und Lärm vertreiben die Bewohner an den Durchgangsstraßen. Abb. 232 Wehrmauer und Altstadthäuser von Amran.