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1. Intentionaler Gegenstandsbezug und innere Ordnung.
2. Affektive Aufladung und Wertbindung.
3. Individuell verinnerlichter (kollektiver) Habitus.
4. StabilitĂ€t und Resistenz gegenĂŒber Umstrukturierungen.
5. Schwierige ZugĂ€nglichkeitÂ
â vor allem von verhaltensnahen Ăberzeugungen.
Ăberzeugungen sind â das wird unter (1) âIntentionaler Gegenstandsbezug und
innere Ordnungâ beschriebenÂ
â immer auf etwas gerichtet, auf Inhalte, Prozesse,
Personen, auf die Bildungsstruktur und Kontextmerkmale. Sie sind auch immer
in Clustern vorhanden, also nicht als isoliert zu verstehen. Das bedeutet, dass
Ăberzeugungen ĂŒber das Wesen des Faches Geschichte mit dem jeweiligen bil-
dungspolitischen/gesellschaftlichen Kontext zusammenhĂ€ngen. Dass Ăberzeu-
gungen (2) affektiv/emotional aufgeladen sind, bedeutet, dass sie einen normativ
evaluativen Charakter besitzen. WĂ€hrend eine Einstellung ohne gröĂere emoti-
onale Involvierung vertreten werden kann, liegen Ăberzeugungen meist auf einer
tieferen Ebene. Sie beziehen sich auf das, worauf eine Lehrperson vertraut, wor-
an sie glaubtÂ
â auf Weltbilder, Ideen und WerteÂ
â und stellen somit ihr Professi-
onsideal dar, welches ihrem Handeln Sicherheit und Orientierung gibt. Ăberzeu-
gungen beziehen sich in diesem Zusammenhang auch auf das, was (3) oft unter
âHabitus des Lehrersâ diskutiert wurdeÂ
â berufsbiografisch verinnerlichte Struk-
turen einer kollektiven Praxis. Ein solcher Habitus wĂŒrde es erlauben, unbewusst
und automatisch â ohne reflexive Anstrengung â ein gegenseitiges VerstĂ€ndnis
zu ermöglichen, berufstypische Situationen in Àhnlicher Weise wahrzunehmen
und diese Àhnlich zu interpretieren. Darauf aufbauend macht es der Habitus
möglich, dass Probleme gleichartig gelöst werden und dabei in sozialer Abstim-
mung gehandelt wird.68 Es wird darauf hingewiesen, dass angehende Lehrperso-
nen bereits in der Schulzeit stabile Vorstellungen und Denkgewohnheiten darĂŒ-
ber entwickeln, wie Lernen in der Schule funktioniert bzw. nicht funktioniert,
und dass daher bei nicht standardisierten Berufen, wie beispielsweise beim Lehr-
beruf, der Ausbildung eines Habitus eine wichtige Funktion zukommt.
Ăberzeugungen zeichnen sich â insofern sie lebensgeschichtlich geformt
wurden â (4) durch eine hochgradige StabilitĂ€t gegenĂŒber Umstrukturierungen
aus, und zwar unter anderem deshalb, weil sie zur StabilitÀt von Handeln und
IdentitĂ€t beitragen und vor ErschĂŒtterungen und Infragestellungen des eigenen
Handelns schĂŒtzen.69 Tief sitzende, erfahrungsgesĂ€ttigte berufsbezogene Ăber-
zeugungen wĂŒrden als âpsychologische âFramesâ, âFilterâ und âBarrierenâ [âŠ] wir-
68 Vgl. ebd., S. 644 â 645.
69 Ebd.
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Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit LehrkrÀften
- Title
- Von PISA nach Wien
- Subtitle
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Author
- Roland Bernhard
- Publisher
- WOCHENSCHAU Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 284
- Category
- LehrbĂŒcher
Table of contents
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht â normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Ăberzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 LiteraturĂŒbersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der LiteraturĂŒbersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenĂberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der LiteraturĂŒbersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. AbkĂŒrzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen fĂŒr Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277