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Martell bildete ein Sample von zehn angehenden Lehrpersonen, von denen vier
die Studie bis an deren Ende mitmachten. Die ĂŒbrigen Lehrpersonen erhielten
nach der Ausbildung keine Stelle an einer Schule bzw. brach eine Person die Stu-
die ab. Es wurden in verschiedenen Phasen sechs Interviews mit jeder Lehrper-
son gefĂŒhrt und von jeder Lehrperson vier Beobachtungen im Unterricht durch-
gefĂŒhrt (Within-Method-Triangulation). Es wurden Interviews zu Beginn und
am Ende des Praktikums, im Sommer vor dem ersten Jahr in der Schule sowie
am Beginn, in der Mitte und am Ende des ersten Jahres der Lehrpersonen in der
Schule durchgefĂŒhrt. Dazu fĂŒhrte er insgesamt vier Beobachtungen am Beginn
und am Ende des Praktikums und am Beginn und in der Mitte des ersten Jah-
res in der Schule durch. Mithilfe eines Protokollbogens erhob er Feldnotizen.
Daneben bezog er Reflexionen der Lehrpersonen und wÀhrend der Beobachtun-
gen gesammeltes Material in die Analyse ein.
Martell stellt sich die Fragen, ob die Lehrpersonen fÀhig sind, Geschichte
als Interpretation zu unterrichten, und wenn ja, was sie im Laufe ihrer Arbeit da-
bei unterstĂŒtzt hat, diese FĂ€higkeit zu erwerben, und wenn nein, was sie dabei
behindert und was aus der Sicht der Lehrpersonen Möglichkeiten wÀren, even-
tuelle Hindernisse diesbezĂŒglich zu ĂŒberwinden.166 Aus den sehr umfangreichen
Daten kommt er zu folgenden drei Hauptergebnissen:
1. Die Ăberzeugungen von Lehrpersonen zu Geschichte sind stark von dem
disziplinÀren historischen Wissen der Lehrpersonen abhÀngig.
Dabei geht es um âgenuine historical content knowledge, which includes the un-
derstanding of how history is createdâ167. So gab es eine Lehrperson im Sample,
die zwar ĂŒber ein groĂes Fachwissen verfĂŒgte, aber ein wenig ausgeprĂ€gtes Ver-
stĂ€ndnis vom Zustandekommen von Geschichte als ErzĂ€hlung hatte: âhighly
developed disciplinary understanding of history or acknowledgment of what ma-
kes history unique as a discipline, nor experience with the process by which his-
torians interpret the pastâ168. Dies fĂŒhrte dazu, dass dieser Lehrer stark inhalts-
orientiert unterrichtet. Dieses Ergebnis kann als Hinweis darauf gelesen werden,
dass fehlendes konzeptuelles Wissen, insbesondere in seiner epistemischen
Form, potenziell der Umsetzung eines kompetenzorientierten Geschichtsunter-
richts hinderlich sein kann.
166 Vgl. ebd., S.
17 â 18.
167 Ebd., S.
22.
168 Ebd.
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Table of contents
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht â normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Ăberzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 LiteraturĂŒbersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der LiteraturĂŒbersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenĂberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der LiteraturĂŒbersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. AbkĂŒrzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen fĂŒr Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277