Page - 67 - in Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Image of the Page - 67 -
Text of the Page - 67 -
67
den, der einen Mittelweg zwischen Wissensvermittlung und einem individuel-
len Konstruktivismus darstellt (vgl. dazu die AusfĂĽhrungen zu Harris/Burn
oben) und der mit der geschichtstheoretischen Position des narrativen Konst-
ruktivismus in Verbindung gebracht wird. Mit dieser gelungenen Unterteilung
wird der Tatsache Rechnung getragen, dass in der Geschichtsdidaktik und auch
innerhalb der Debatte um Kompetenzen historischen Denkens radikal-konst-
ruktivistische Positionen tendenziell eher abgelehnt werden, während gemäßig-
te Formen des Konstruktivismus als ideal gelten.209
Lehr-Lern-Beliefs (geschichts-
didaktische Ăśberzeugungen) Transmission Individueller
Konstruktivismus Sozialer
Konstruktivismus
Geschichtstheoretische
Beliefs Positivismus Skeptizismus Narrativer
Konstruktivismus
Maggioni 2010 Copier Borrower Criterialist
Tabelle 8: Geschichtsdidaktische und geschichtstheoretische Ăśberzeugungen nach Nitsche
2016 in Bezug auf Maggioni 2010.
In transmissiven geschichtsdidaktischen Ăśberzeugungen steht in diesem Sinne
der Lernstoff im Vordergrund, wobei ein inhaltlich klares GerĂĽst von Wissen
entstehen soll. Dies wird durch Lehreraktivitäten, Lehrervorträge, Kenntnisver-
mittlung und das gelenkte Unterrichtsgespräch210 (erarbeitender Geschichtsun-
terricht) erreicht. Auch hier ist eine dialektische Dynamik im Sinne von TheseÂ
–
Antithese – Synthese zu erkennen: Die eben beschriebene Art des Unterrichts
sei hier als These bezeichnet. Individual-konstruktivistische geschichtsdidakti-
sche Überzeugungen dahingegen – die Antithese – bestehen darin, dass Schü-
ler/innen sich individuell mit der Vergangenheit auseinandersetzen, während die
Lehrperson das Lernen organisiert (aufgabenbasierter Geschichtsunterricht,
Einzelarbeit, Emanzipation von gesellschaftlichen Zwängen als Ziel). Davon
unterscheidet Nitsche sozialkonstruktivistische geschichtsdidaktische Ăśberzeu-
gungen, welche Aspekte der beiden anderen aufgreifen – die Aktivitäten der
Lehrpersonen gestalten sich situationselastisch. Dies sei hier als Synthese be-
zeichnet: „Der Geschichtsunterricht könnte sowohl als Erarbeitender, Aufga-
209 Vgl. Hellmuth, Thomas/Jurjevec, Hanna (2012): Instruktion und Konstruktion. Ăśberle-
gungen zu einer konstruktivistischen Geschichtsdidaktik. In: Historische Sozialkunde.
GeschichteÂ
– FachdidaktikÂ
– Politische Bildung 2, S.Â
15 – 19; Thünemann, Holger (2018):
Historisch Denken lernen mit SchulbĂĽchern? Forschungsstand und Forschungsperspek-
tiven. In: Bramann u. a. (Hg.): Historisch Denken Lernen mit SchulbĂĽchern. Schwal-
bach/Ts.: Wochenschau, S. 17 – 36, hier S. 25.
210 Vgl. Nitsche 2016, S. 178.
back to the
book Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis"
Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Title
- Von PISA nach Wien
- Subtitle
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Author
- Roland Bernhard
- Publisher
- WOCHENSCHAU Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 284
- Category
- LehrbĂĽcher
Table of contents
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Ăśberzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 LiteraturĂĽbersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der LiteraturĂĽbersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenĂśberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der LiteraturĂĽbersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. AbkĂĽrzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen fĂĽr Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277