Page - 208 - in Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Image of the Page - 208 -
Text of the Page - 208 -
208
Durch den Befund, dass das Kompetenzverständnis der interviewten Ge-
schichtslehrpersonen fachunspezifisch ist, stellte sich die Frage, auf welche Wei-
se Lehrpersonen ihr Kompetenzverständnis im Zusammenhang mit Geschichts-
unterricht konstruieren. Wenn verstanden wird, wie sich dieses im Laufe der
Ausbildung und in der Schulpraxis entwickelt, kann das vorliegende Ergebnis
besser eingeordnet und – im Sinne qualitativer Methodologie – Lehrpersonen
können besser verstanden werden. Hier sollte keineswegsÂ
– wie dies bisweilen in
manchen Defizitstudien viel zu vereinfachend gemacht wirdÂ
– „den Lehrern“ die
Verantwortung fĂĽr die dargestellten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit
dem Kompetenzverständnis gegeben werden. In den Interviews wurde deutlich,
dass das Kompetenzverständnis von Lehrpersonen ein diffuses Konstrukt dar-
stellt, das sich aus unterschiedlichen Quellen wie SchulbĂĽcher, vorgegebene PrĂĽ-
fungsformate im Zusammenhang mit der Matura, Operatoren, schulinterne
bzw. bildungspolitische Definitionen und Vorgaben speist. Das Kompetenzver-
ständnis unter Gymnasiallehrpersonen ist oftmals von Erfahrungen mit der Rei-
feprĂĽfung (neue Matura) und insbesondere von dem in diesem Zusammenhang
geforderten Operatorensystem (Bloom’sche Taxonomie) geprägt. Kompetenz-
orientierung wird in diesem Sinne oft mit der Idee gleichgesetzt, in einer PrĂĽ-
fungsfrage sowohl einen Reproduktions- als auch einen Reflexionsteil einzufĂĽgen
bzw. Operatoren wie „erklären“ und „vergleichen“ entsprechend zu verwenden.
Die Interviewdaten zeigen auch, dass das Verständnis von Kompetenzorien-
tierung im Zusammenhang mit Geschichtsunterricht bisweilen von bestehen-
den Schulbuchangeboten geprägt wird. Lehrpersonen in Österreich benutzen
Schulbücher in ihrem Unterricht sowie zur Vorbereitung desselben sehr häu-
aufgaben. Theoretische Ăśberlegungen, empirische Befunde und forschungspragmatische
Perspektiven. In: Zeitschrift fĂĽr Geschichtsdidaktik 12, S.Â
141 – 155; Kenkmann, Alfons
(2013): Strukturen der Geschichtslehrerbildung nach Bologna. EinfĂĽhrung. In: Popp,
Susanne u. a. (Hg.): Zur Professionalisierung von Geschichtslehrerinnen und Geschichts-
lehrern. Nationale und internationale Perspektiven. Göttingen: V&R unipress, S.Â
203 – 205.
FĂĽr die USA: Martell 2013; Maggioni u. a. 2009; Maggioni 2010. FĂĽr England: Harris/
Burn 2016; McCrum 2013. FĂĽr Holland: de Groot-Reuvekamp, Marjan/Ros, Anje/van
Boxtel, Carla (2018): A successful professional development program in history: what
matters? In: Teaching and Teacher Education 75, S. 290 – 301; van Boxtel, Carla/van
Drie, Janet (2018): Historical reasoning: the interplay of domain-general and domain-
specific aspects. In: Fischer, Frank u. a. (Hg.): Scientific Reasoning and Argumentation:
The Roles of Domain-Specific and Domain-General Knowledge. New York: Routledge,
S. 142 – 161; Van Straaten, Dick/Wilschut, Arie/Oostdam, Ron (2016): Making histo-
ry relevant to students by connecting past, present and future: a framework for research.
In: Journal of Curriculum Studies 48.4, S.Â
479 – 502.
back to the
book Von PISA nach Wien - Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis"
Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Title
- Von PISA nach Wien
- Subtitle
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Author
- Roland Bernhard
- Publisher
- WOCHENSCHAU Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 284
- Category
- LehrbĂĽcher
Table of contents
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Ăśberzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 LiteraturĂĽbersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der LiteraturĂĽbersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenĂśberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der LiteraturĂĽbersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. AbkĂĽrzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen fĂĽr Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277