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dieses Befundes kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass sich Lehrper-
sonen kaum in binäre „Entweder-oder-Schemata“ einordnen lassen. In der Fol-
ge soll der Gedanke im Zusammenhang mit der Frage nach der Dichotomie
Wissen vs. Kompetenzen weiter vertieft werden.
Bisweilen haben die interviewten Lehrpersonen ihre Sorge bekundet, dass
das historische Faktenwissen durch die Betonung von Kompetenzen an Bedeu-
tung verlieren wĂĽrde. In diesem Buch habe ich bereits mehrfach auf die Bewe-
gung TheseÂ
– AntitheseÂ
– Synthese verwiesen, die sich in der geschichtsdidakti-
schen Diskussion in einigen Bereichen zeigt. Nach der Konzeption von
Maggioni481 gibt es drei Entwicklungsstufen in den Ăśberzeugungen zu Ge-
schichte: Einer positivistischen epistemischen Entwicklungsstufe – die als The-
se bezeichnet werden kannÂ
– folgenÂ
– wenn eine Person mit sich widersprechen-
den Quellen konfrontiert wirdÂ
– oft relativistische Zugänge zu GeschichteÂ
– dies
könnte als Antithese bezeichnet werden. Die dritte Entwicklungsstufe in den
Ăśberzeugungen zu Geschichte ist der Criterialismus (Geschichte ist Interpreta-
tion von Vergangenheit, es gibt Kriterien, anhand derer die Plausibilität einer
historischen Narration beurteilt werden kann)482 – diese Stufe könnte als Syn-
these bezeichnet werden. Möglicherweise lässt sich eine ähnliche Dynamik auch
im Zusammenhang mit der EinfĂĽhrung der Kompetenzorientierung in Ă–ster-
reich beschreiben. Während in einem inhaltsorientierten Verständnis von Ge-
schichte vor deren EinfĂĽhrung Daten und Fakten die zentralen Elemente wa-
ren – in den Interviews berichteten Lehrpersonen bisweilen von ihren
Kindheitserfahrungen, in denen der Geschichtsunterricht darin bestand, den
dtv-Atlas483 auswendig zu lernenÂ
–, wurde möglicherweise das Wissen kurz nach
EinfĂĽhrung der Kompetenzorientierung im Geschichtsunterricht in einer Pha-
se der Unsicherheit manchmal zu stark relativiert. In der Lehrer/innenbildung
wurdeÂ
– mit der Intention, der Kompetenzorientierung zum Durchbruch zu ver-
helfen – bisweilen die Position vertreten, dass das inhaltliche Wissen im Ge-
schichtsunterricht nun keine Rolle mehr spielen würde.484 Dies könnte als die
Antithese bezeichnet werden. Wie die hier referierten Interviews klar zeigen,
481 Vgl. Maggioni 2010; Maggioni u. a. 2004; Maggioni u. a. 2009.
482 In Kapitel 2.3.4 werden die diesbezüglichen Arbeiten der Gruppe um Maggioni aus-
fĂĽhrlich besprochen, daher sei die Systematisierung hier nicht weiter ausgefĂĽhrt.
483 Kinder, Hermann/Hilgemann, Werner (1984): dtv-Atlas zur Weltgeschichte. Karten und
chronologischer Abriss. MĂĽnchen: dtv.
484 Ohne dies empirisch nachweisen zu können, stützt sich diese Behauptung zumindest auf
Aussagen von Studierenden, die ich selbst mehrere Male in unterschiedlichen Zusam-
menhängen gehört habe.
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Von PISA nach Wien
Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
Empirische Befunde aus qualitativen Interviews mit Lehrkräften
- Title
- Von PISA nach Wien
- Subtitle
- Historische und politische Kompetenzen in der Unterrichtspraxis
- Author
- Roland Bernhard
- Publisher
- WOCHENSCHAU Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7344-1234-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 284
- Category
- LehrbĂĽcher
Table of contents
- Vorwort 5
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretischer Rahmen und Forschungsfragen 15
- 2.1 Historisches Denken im Geschichtsunterricht – normative Aspekteund die Lehrplanreform hin zu Kompetenzorientierung 2008 15
- 2.2 Berufsbezogene Ăśberzeugungen 26
- 2.3 Forschungsfragen 36
- 2.4 LiteraturĂĽbersicht 38
- 2.4.1 Kategorien der LiteraturĂĽbersicht 38
- 2.4.2 Forschung zu epistemologischen und kontextbezogenenĂśberzeugungen von Geschichtslehrpersonen 40
- 2.4.3 Diskussion der LiteraturĂĽbersicht 71
- 3. Forschungsdesign und Methode 77
- 4. Ergebnisse 113
- 6. Fazit 215
- 7. Literaturverzeichnis 233
- 8. Abbildungsverzeichnis 253
- 9. Tabellenverzeichnis 254
- 10. AbkĂĽrzungsverzeichnis 255
- 11. Personenverzeichnis 256
- Anhang 1: Fragebogen fĂĽr Geschichtslehr personen,der anhand der qualitativen Studie konstruiert wurde 260
- Anhang 2: Anhang Anschreiben an Schulen und Lehrpersonen 277