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Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten |
37Tischlerwerkstätten
auf dem Land
kloster in Horn, ferner die Stifte Wilhering, Kremsmünster, St. Florian und Garsten
in Oberösterreich sowie die steirische Abtei Rein.29
In Klostertischlereien waren zusammen mit externen Handwerkern häufig Laien-
brüder tätig. Um in den Konversenstand aufgenommen zu werden, mussten die An-
wärter die erste Profess ablegen und geloben, ehelos zu bleiben, ihr Leben im Dienst
des jeweiligen Klosters zu verbringen und auf Privateigentum zu verzichten. Im Ge-
genzug versorgten die Klöster die Fratres mit allem Nötigen, auch Wohnräume wur-
den ihnen zur Verfügung gestellt.30 Oft handelte es sich bei den Laienmönchen um
Handwerker, die den Zunftordnungen gemäß ausgebildet worden waren.31 Einmal
in ein Kloster eingetreten, blieben sie ihm meist bis zu ihrem Tode treu. In verschie-
denen wissenschaftlichen Beiträgen ist von einer besonderen räumlichen Mobilität
der Fratres die Rede. Die Klöster waren in ordensinterne Netzwerke eingebunden,
sodass häufig angenommen wird, die Konversen seien vom Kloster eines Ordens zum
nächsten gereist, um an Ort und Stelle die benötigten Erzeugnisse zu fertigen.32 Für
Angehörige verschiedener jüngerer Ordensgemeinschaften, etwa für Mendikanten,
waren Ortswechsel tatsächlich relativ leicht möglich, da sie sich mit ihren Gelübden
nicht an ein bestimmtes Kloster, sondern an einen bestimmten Orden banden.33 Bei
den alten Orden ließen die Ordensregeln einen Ortswechsel jedoch nicht zu, obgleich
es hiervon auch Ausnahmen gab, wie die Biografie des zu Eschingen in Schwaben
gebürtigen Kaspar Schrezenmayer (1693–1782) lehrt. 1724 wurde er im Stift Heili-
genkreuz eingekleidet, wechselte aber zehn Jahre später in die ungarische Zisterzien-
serabtei St. Gotthard, um dort das Tischlerhandwerk auszuüben.34 Häufiger wird es
dagegen vorgekommen sein, dass Tischler, die keine Ordensangehörigen waren, von
einem Kloster oder Kolleg für einen gewissen Zeitraum einem anderen Haus über-
lassen wurden. So war im frühen 17. Jahrhundert Hans Schiele abwechselnd in den
Stiften Garsten und Kremsmünster tätig, an der Wende zum 18.
Jahrhundert arbeitete
Johann Jakob Pokorny aus Garsten auch im Kloster Seitenstetten, und 1719 wurde ein
29 Vgl. zu Rein den entsprechenden Abschnitt im zweiten Band ; Stift Garsten wird nicht vorgestellt. Zu
den andern Klöstern vgl. die relevanten Kapitel im vorliegenden Buch.
30 Hersche, Muße (2006), Bd. 1, 334–337 ; Stöttinger, Sozialstruktur (2012), 68–69.
31 Wagner, Kunsthandwerk (1994), 390.
32 So etwa der Olivetanermönch Fra Giovanni da Verona (ca. 1457–ca. 1526), in jener Zeit einer der ver-
siertesten italienischen Intarsienkünstler. Er schuf Werke in Verona, Neapel, Lodi, Rom und Siena sowie
in der Abtei Monte Oliveto Maggiore, dem Mutterkloster seines Ordens. Rohark, Intarsien (2007), 61.
Giorgio Vasari (1511–1574) erwähnte ihn in den Künstlerviten mehrfach, vor allem im ersten Buch,
Kap. 31, Del musaico di legname, cioè delle tarsie […] und später dann unter der Biografie Raffaels bei der
Beschreibung der Stanza della Segnatura im Vatikan. Vasari, Vite (1568), 41, 356.
33 Schwaiger, Mönchtum (2003), 112, 248.
34 Zu Schrezenmayer vgl. die entsprechenden Angaben im Kapitel zu Heiligenkreuz.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- I: Östliche Landsteile
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 730
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693