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44 | Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten
er folglich abgelagertes Holz mit guter Qualität verarbeiten. Sogar eine besondere
Garantieerklärung findet sich in einem auf 1767 datierten Vertrag, der zwischen dem
Grazer Tischler Johannes Kerner und dem Abt der Abtei Rein geschlossen wurde.
Kerner versprach, falls etwas durch schwindung des holzes, oder auch von selbst sich erge-
benden fehler binnen jahr, und tag zu repariren seyn möchte, […] solches ohne entgelt oder
uncosten des stüfts auszubessern.54
Der Einsatz ungeeigneter Werkmaterialien war aber keineswegs einer etwaigen
Nachlässigkeit oder gar handwerklichem Unvermögen geschuldet, vielmehr spielten
vermutlich meist völlig andere Gründe eine wesentliche Rolle : In weiten Teilen der
Erblande war es nämlich bis 1755 ausschließlich zünftigen Holzhändlern gestattet,
größere Mengen an Holzvorräten zu deponieren.55 Sie besaßen damit das Monopol
auf den Holzverkauf, was ihre Anstrengungen, gute Ware zu liefern, sicher nicht be-
flügelte.56 Darüber hinaus werden aber auch finanzielle Überlegungen zum Tragen
gekommen sein, denn die Kapitalausstattung nur der wenigsten Handwerksbetriebe,
seien es nun Tischlereien oder Holzhändler, war hoch genug, um die teuren Werk-
materialien vorzufinanzieren und die Kosten einer längeren Lagerung zu tragen. So
sollte beim Bau des Portals der Linzer Deutschordenskirche abgelagertes Eichenholz
eigens in Salzburg angekauft werden, da in Linz und der näheren Umgebung kein
ausreichend getrocknetes Holz zu bekommen war.57
Hinzu kam noch ein weiterer Umstand : Seit dem fortgeschrittenen 17. Jahrhun-
dert, am Übergang von der althergebrachten rigiden Zunftökonomie, die den Meis-
tern das wirtschaftliche Überleben sicherte, hin zu neuen frühkapitalistischen Formen
der Betriebsführung, wurde die traditionelle Art der Preisberechnung für die geleistete
Arbeit zunehmend aufgegeben. Ursprünglich orientierte man sich bei der Preisge-
staltung an der vom Auftraggeber geforderten und vom Betrieb effektiv gelieferten
handwerklichen, technischen und künstlerischen Qualität eines Erzeugnisses, an der
benötigten Arbeitszeit, an den notwendigen Ausgaben für die Werkstoffe sowie an
den pekuniären Möglichkeiten der Besteller. Man verhandelte über den Preis eines
Produkts nicht wie heute vor dem Beginn des Herstellungsprozesses, sondern oft erst
nach seiner Fertigstellung, weshalb die Würzburger Schreinertaxordnung von 1696
den Bestellern von Tischlerarbeiten explizit zur Forderung nach einem Kostenvoran-
54 StAR, Lade M/XXXV (Tischler), 12. April 1767. Die Einrichtung des Klosters wird im zweiten Band
der Untersuchung besprochen. Dazu auch Schweikert, Brenck (2002), 66–67.
55 Folgerichtig suchten bürgerliche Tischlermeister aus Wien und Niederösterreich um die Erlaubnis an,
Holzlager adäquater Größe einrichten zu dürfen. Die Genehmigung erhielten sie 1755 mit kaiserlicher
Resolution. HHStA, AVA Inneres HK Allg. A 670, 67 IV.F., Schreiben vom 8. November 1755.
56 Dazu außerdem Marschall, Nicolai-Zeche (1954), 53.
57 DOZA, BÖ, Karton 136, fol. 280r–281v.; Hellwag, Tischlerhandwerk (1924), bes. 289–308.
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- I: Östliche Landsteile
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 730
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693