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Sakralmöbel aus Österreich - Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
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Page - 96 - in Sakralmöbel aus Österreich - Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile

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96 | Die Entwicklung des Kirchenmobiliars licht dies sehr anschaulich.228 Eine vergleichbare Situation dokumentiert zudem ein Holzschnitt von Hans Brosamer (um 1500–1554). Das Blatt zeigt einen Geistlichen, der von der Kanzel herab einer Gruppe von Gläubigen predigt. Eine Frau sitzt auf einem Faltschemel, andere Zuhörerinnen haben sich auf zwei Bänken niedergelas- sen, die wie einfache längliche Kisten konstruiert sind. An der Rückseite einer Bank sind zwei senkrechte Stollen mit einer Gebetbuchablage befestigt, auf der sich einige Personen abstützen, während sie den Worten des Geistlichen folgen.229 Die Möbel er- innern mit ihren Balusterbeinen, seitlichen Schragen und Brettsitzen eher an gewöhn- liches Wirtshausmobiliar als an eine Bestuhlung in einem Sakralraum. Ansonsten existierten für Laien seit dem späten 13.  Jahrhundert mit Buchablagen ausgestattete Kniebänke, die man mittels starker Zapfen auf langen Balken wie auf Kufen mon- tierte, um das Verschieben und Kippen der Möbel zu verhindern. Dies entspricht auch noch der heute gebräuchlichen Konstruktionsart, wobei normalerweise ein aufgeleg- ter Bretterboden das Balkengerüst verdeckt.230 Dagegen zeigt das um 1410 gemalte »Heiligenkreuzer Diptychon« des Wiener Kunsthistorischen Museums in Verbindung mit einer Verkündigungsszene eine frei stehende Kniebank. Das Rahmengerüst des optisch leicht erscheinenden Möbels besteht aus zwei schlanken Seitenwangen mit Kufenfüßen und einem gerade aufliegenden Brett, das als Buchablage und Armstütze dient. Eine in mittlerer Höhe angebrachte Traverse stabilisiert die Konstruktion. Auf dem Armbrett ist ein hoher Baluster mit einem dachförmigen Lesepult befestigt, wie es uns von Chorgestühlen her bekannt ist (Abb.  19, 209).231 Bis auf das Lesepult be- sitzt das Möbel die Grundform barocker Kniebänke. Zu den Kniebänken kamen an Laiengestühlen erst seit dem 15.  Jahrhundert vermehrt Sitzbretter hinzu, doch zeigt ein Plan zur Neugestaltung der Stiftskirche Kremsmünster noch 1613/14 Exemplare ohne Sitzgelegenheiten.232 In vielen Kirchen zählten seit dem späten 16.  Jahrhundert Sitzbänke zur festen Ausstattung. Dennoch konnte nur ein Teil der Möbel von allen Kirchenbesuchern genutzt werden, da viele Plätze vermietet oder verkauft wurden.233 Ein aufgeklebter Zettel oder ein aufmontiertes Kirchenstuhlschild gab Auskunft über den Namen des 228 Dazu auch Hollstein’s Etchings (2004), 142, mit einem Stich von Johannes Wierix (um 1549–nach 1615) aus dem frühen 17.  Jahrhundert. 229 Bartsch (1981), Abb. S.  71. 230 Bisweilen wurde wie in der Pfarre zu Gröbming (Steiermark) der Boden zwischen den Balken verlegt, manchmal wurde wie am Gestühl der Domkirche zu Carrara sogar gänzlich auf den Bretterboden verzichtet, sodass die Balken offen liegen. 231 Oberhaidacher, Tafelmalerei (2012), Abb.  3. 232 Ramisch, Kirchengestühl (2010), 120 ; ÖKT, Kremsmünster, 1 (1977), Abb. S.  206. Vgl. zu Kniebänken auch das Kapitel »Betpulte, Kniebänke und Bankpulte«. 233 Grünewald, Rechtsverhältnisse (1927), 12  f.
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Sakralmöbel aus Österreich Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
Title
Sakralmöbel aus Österreich
Subtitle
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
Volume
I: Östliche Landsteile
Author
Michael Bohr
Publisher
Böhlau Verlag
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20512-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
730
Keywords
Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Teil 1 Vorbemerkungen
    1. Einführung 15
    2. Methodische Vorgehensweise, Ziele und Fragestellungen 15
    3. Weshalb Sakralmöbel ? 17
    4. Zum Bestand an barockem Sakralmobiliar 19
    5. Zur Auswahl der Objekte 19
    6. Zum strukturellen Aufbau des Buches 22
    7. Zur gewählten Zeitspanne 23
    8. Zum Stand der Forschung 23
  2. Teil 2 Grundlegendes
    1. I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
      1. Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
      2. Tischlerwerkstätten in Wien 33
      3. Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
      4. Zur Größe der Werkstätten 40
      5. Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
      6. Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
      7. Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
      8. Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
      9. Zu den verwendeten Materialien 48
      10. Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
      11. Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
    2. II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
      1. Die Verbreitung neuer Stilvarianten 58
      2. Zu den Großformen 61
      3. Zu den Detailformen 64
      4. Italien oder Frankreich 72
      5. Der Vergleich mit fremden Kunstlandschaften 75
      6. Die Kunstlandschaften in den untersuchten österreichischen Regionen 77
    3. III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
      1. Zur Geschichte der Chorgestühle 81
      2. Entstehung 81
      3. Aufstellung und Großformen 83
      4. Möglichkeiten der Verzierung 87
      5. Zur Geschichte der Beichtstühle 90
      6. Schuldbekenntnis, Beichte und öffentliche Buße 90
      7. Entstehung, Großformen und Möglichkeiten der Ausgestaltung 90
      8. Zur Geschichte der Laiengestühle 95
    4. IV. Sakristeien 101
      1. Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
      2. Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
      3. Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
      4. Altäre und Scheinaltäre 104
      5. Lavabos 106
      6. Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
      7. Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
      8. Ankleidetische und Tischkästen 111
      9. Truhen und Truhenbänke 113
      10. Beichtstühle 115
      11. Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
    5. V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
      1. Paramenten- und Schatzkammern – Lage, Funktion und Einrichtung 118
      2. Der Kollationsgang – Lage und Funktion 119
      3. Refektorien – Lage und Einrichtung 120
      4. Bibliotheken, Manuskriptenzimmer und Sammlungsräume 122
      5. Bibliotheken 122
      6. Manuskriptenzimmer 124
      7. Sammlungsräume 125
    6. VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
  3. Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
    1. Hinweise 133
    2. Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
    3. Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
    4. Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
    5. I. Sakralbauten in Wien 135
      1. Augustinerkloster 135
      2. Dominikanerkloster 146
      3. Franziskanerkloster 155
      4. Jesuitenkommunität 165
      5. Karlskirche 177
      6. Paulanerkirche 189
      7. Rochuskirche 197
      8. St. Josef ob der Laimgrube 205
      9. St. Peter 211
      10. St. Stephan 222
      11. Schottenstift (Benediktinerkloster) 235
    6. II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
      1. Altenburg, Benediktinerstift 247
      2. Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
      3. Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
      4. Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
      5. Göttweig, Benediktinerstift 294
      6. Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
      7. Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
      8. Horn, Piaristenkirche 347
      9. Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
      10. Krems, Piaristenkirche 367
      11. Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
      12. Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
      13. Melk, Benediktinerstift 408
      14. St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
      15. St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
      16. Seitenstetten, Benediktinerstift 452
      17. Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
      18. Zwettl, Zisterzienserstift 477
    7. III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
      1. Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
      2. Kremsmünster, Benediktinerstift 512
      3. Lambach, Benediktinerstift 534
      4. Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
      5. Linz, Karmelitenkloster 566
      6. Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
      7. St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
      8. Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
      9. Schlierbach, Zisterzienserstift 621
      10. Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
      11. Wilhering, Zisterzienserstift 638
  4. Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
    1. Literatur
    2. Zusammenfassung und Ausblick 659
    3. Zum Aufbau des Buchs 659
    4. Historischer Abriss 660
    5. Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
    6. Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
    7. Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
    8. Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
    9. Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
    10. Zu den Tischlern 665
    11. Stilistische Entwicklung der Möbel 666
    12. Regionale Besonderheiten 667
    13. Fazit und Ausblick 668
    14. Glossar 670
    15. Ortsindex 678
    16. Künstlerverzeichnis 682
    17. Abkürzungsverzeichnis 688
    18. Abbildungsnachweis 692
    19. Literaturverzeichnis 693
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