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Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern |
123Bibliotheken,
Manuskriptenzimmer und Sammlungsräume
Bücher. Solche Nischen sind noch im Nordflügel des Kreuzgangs von Heiligenkreuz
zu erkennen (Abb. 151). Seit der Frühen Neuzeit nahm der Bestand an Schriftwer-
ken in den Klöstern aber rapide zu, was die Errichtung größerer Bibliotheksräume
notwendig werden ließ. Legte man in Österreich zunächst keinen allzu großen Wert
auf ihre Gestaltung, zählten Bibliotheksbauten etwa seit der Wende vom 17. zum
18. Jahrhundert zu den architektonischen Herausforderungen bei der Barockisierung
der großen Prälatenklöster. Der Aufbau großer Bibliotheken war logische Folge einer
stetigen »Verwissenschaftlichung« der Klöster, die für die Mönchsgemeinschaften kein
Selbstzweck war, sondern mit einer klar definierten religiösen Zielsetzung betrieben
wurde : Studium und Forschung galten als Hilfsmittel zum tieferen Verständnis Gottes
und der von ihm geschaffenen Natur. In den Bibliotheken mit ihren Büchern zu allen
Bereichen der Wissenschaft erkannte man ein abstrahiertes Abbild des Universums,
das es in seiner Gesamtheit zu erfassen galt.334 Entsprechend hoch war der Anspruch,
den man an die künstlerische und handwerkliche Qualität ihrer Ausstattungen stellte.
– Im Osten Österreichs und im hier interessierenden Zeitraum ließen Klosterge-
meinschaften prinzipiell zwei Arten von Bibliotheken errichten : Eine Entwick-
lungslinie wird vertreten durch die um oder bald nach 1700 entstandenen Biblio-
theken in Lilienfeld, Heiligenkreuz und Kremsmünster sowie durch die gut drei
Jahrzehnte jüngere von St. Pölten (Abb. 143, 197, 198, 240, 307). Bereits beste-
hende Räumlichkeiten wurden dort zu Bibliotheken umgestaltet, was eine relative
Enge der Zimmer zur Folge hatte. Sie haben kaum etwas gemein mit den großen
Saalbibliotheken, dem zweiten Entwicklungsstrang, für den die seit dem zweiten
Viertel des 18. Jahrhunderts entstandenen Bibliotheksbauten in Göttweig, Seiten-
stetten (Abb. 129, 252), Melk oder St. Florian als Beispiele dienen mögen.335 Die
dortigen monumentalen Räume sind zweistöckig angelegt, wobei auf Konsolen auf-
liegende und dicht an der Wand entlang geführte Emporen die oberen Geschosse
erschließen. Obgleich die Wände in der Höhe eine markante Gliederung erfahren,
erlebt der Betrachter den Raum als weiträumigen, lichtdurchfluteten Kubus ; die
Anlehnung an die Gestaltung italienischer Bibliothekssäle tritt deutlich zutage.336
Und ebenso unverkennbar unterscheiden sich diese Bibliotheken von Lösungen, die
vielfach in Süddeutschland gewählt wurden.337 Errichtet wurden die neuen und
334 Polleroß, Bauherren (1988), 267–268 ; Lehmann, Bibliotheksräume (1996), Bd.
1, bes. 89–98 ; Schmid,
Klosterbibliotheken (2001), 69.
335 Zu den Bibliotheken in Melk und St.
Florian vgl. Lehmann, ebd., Bd.
1, 98–110, 183, Bd.
2, 475–476,
514–515.
336 Lehmann, ebd., Bd. 1, 15–16, Abb. 1.
337 Lehmann, ebd., mit entsprechenden Hinweisen. In Süddeutschland werden die vor dem Obergeschoss
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- I: Östliche Landsteile
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 730
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693