Page - 265 - in Sakralmöbel aus Österreich - Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
Image of the Page - 265 -
Text of the Page - 265 -
Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt | 265
joch vom Langhaus, auf den Stützen lastet die untere von zwei Musikemporen. Als
Folge der architektonischen Ausformung liegt die niedrige Vorhalle in einem mysti-
schen Halbdunkel. Im Gegensatz dazu erstrahlen das dreijochige, mit Seitenkapellen
versehene breite Langhaus und der eingezogene Chorraum in hellem Licht. Die Kirche
ist nach Südost ausgerichtet, man betritt sie durch ein Seitenportal in der Nordwand.
Zu den Tischlerwerkstätten und Bildhauerateliers
Mit seinem Schreibkalender hinterließ Propst Hieronymus Übelbacher dem Konvent
eine Art von öffentlichem Tagebuch, in dem er über die Umbaumaßnahmen im Stift
berichtete.197 Zwar ist die Reihe der Bände nicht mehr vollständig erhalten, doch ge-
statten die Schriften gute Einblicke in die Vorgehensweise des Propstes sowie ins
Baugeschehen selbst. Übelbacher bereiste Klöster und weltliche Kirchen, um gezielt
nach Vorbildern für die Ausstattung seines neuen Bauwerks zu suchen. Außerdem
notierte er die Namen von Künstlern und Handwerksmeistern, deren Arbeiten ihm
gefielen. Besonders interessant in unserem Zusammenhang erweisen sich die Angaben
zu den Tischlern, die Übelbacher mit Aufträgen bedachte. Neben der Stiftstischlerei
wurden in Verbindung mit den Umbaumaßnahmen verschiedene externe Schreine-
reien beschäftigt.198 Von drei Werkstätten kennen wir zwar keine Namen, doch wissen
wir zumindest, woher sie kamen : aus Stein, vom Förthof sowie aus dem etwas weiter
entfernt liegenden Grafenwörth. Arbeiten in Räumen, die nicht der Repräsentation
dienten, überließ Übelbacher weniger versierten Kräften, während er die prachtvolle
Ausstattung der Stiftskirche einer vierten Tischlerei, nämlich der von Hippolyt Nal-
lenburg (1687–1733) aus St. Pölten, anvertraute. Bei der Erzeugung des Mobiliars für
die heutige Domkirche der niederösterreichischen Landeshauptstadt hatte der Tisch-
ler bereits seine außergewöhnlichen handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis gestellt.
Als Bildschnitzer findet Johann Schmidt (1684–1761) aus Grafenwörth Erwähnung.
Seit 1717 vervollständigte er zunächst Sesselgestelle für das Stift199, später fertigte er
den Schnitzzierrat des Chorgestühls sowie die Aufsatzfiguren für die Beichtstühle.
Freilich berichtete Übelbacher im Schreibkalender auch von Missgriffen. Mit einem
Vertrag vom 23. Februar 1723 wurde die Marmorierung des Hochaltars und zweier
Seitenaltäre dem Tischlermeister Franz Berger aus Weitra und seinen beiden Söhnen
197 Der Schreibkalender rechnet mit der Rezeption durch Konventangehörige. Penz, Kalendernotizen
(2013), 75.
198 Aus dem Schreibkalender geht hervor, dass eine Stiftstischlerei existierte. In Quellen werden am 30. Ja-
nuar 1720 und am 17. Dezember 1723 clostertischler genannt. Penz, ebd., 171, 277.
199 Penz, ebd., 123, 126–127. Johann Schmidt war der Vater des bekannteren Martin Johann Schmidt, gen.
Kremser Schmidt. Grünwald, Schmidt (2004).
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Volume I: Östliche Landsteile
- Title
- Sakralmöbel aus Österreich
- Subtitle
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Volume
- I: Östliche Landsteile
- Author
- Michael Bohr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20512-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 730
- Keywords
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Zur Barockisierung von Weltkirchen und Klöstern 31
- Tischlerwerkstätten in Wien 33
- Tischlerwerkstätten auf dem Land 36
- Zur Größe der Werkstätten 40
- Zur Zusammenarbeit von Tischlern mit andern Handwerkern 41
- Zur Beschaffung des benötigten Holzes 43
- Zur Qualität des Holzes und zum System der Vergütung von Tischlern 43
- Nachlassende Qualität der Tischlererzeugnisse im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert 46
- Zu den verwendeten Materialien 48
- Zur Oberflächenveredelung und Restaurierung 51
- Exkurs : Technische Innovationen als Grundlage der Entwicklung neuer Gestaltungsformen 55
- II. Gestaltungsfragen, Stilformen und Ornamente 58
- III. Die Entwicklung des Kirchenmobiliars 81
- IV. Sakristeien 101
- Ihre Lage innerhalb des Raumgefüges 101
- Der Klosterplan von St. Gallen und frühe Sakristeimöbel 102
- Zur Funktion von Sakristeien, barocke Sakristeieinrichtungen und die Schriften von Carlo Borromeo und Jacob Müller 104
- Altäre und Scheinaltäre 104
- Lavabos 106
- Sakristeischränke und Ankleidekredenzen 107
- Zur Entwicklungsgeschichte der Sakristeischränke 110
- Ankleidetische und Tischkästen 111
- Truhen und Truhenbänke 113
- Beichtstühle 115
- Betpulte, Kniebänke und Bankpulte 116
- V. Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern 118
- VI.Zur Hierarchie von Räumen und Möbeln 127
- I. Klerus, Kirchen und Klöster – Tischlereien und Tischlerarbeiten 31
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 133
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 133
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 133
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 134
- I. Sakralbauten in Wien 135
- II. Sakralbauten in Niederösterreich 247
- Altenburg, Benediktinerstift 247
- Ardagger, Pfarrkirche hl. Margarete 260
- Dürnstein, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 264
- Geras, Prämonstratenser-Chorherrenstift 283
- Göttweig, Benediktinerstift 294
- Heiligenkreuz, Zisterzienserstift 315
- Herzogenburg, Augustiner-Chorherrenstift 335
- Horn, Piaristenkirche 347
- Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 352
- Krems, Piaristenkirche 367
- Krems, Pfarrkirche St. Veit 380
- Lilienfeld, Zisterzienserstift 386
- Melk, Benediktinerstift 408
- St. Marein, Pfarrkirche hl. Maria 434
- St. Pölten, Dom- und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 436
- Seitenstetten, Benediktinerstift 452
- Wiener Neustadt, Zisterzienserstift Neukloster 466
- Zwettl, Zisterzienserstift 477
- III. Sakralbauten in Oberösterreich 500
- Baumgartenberg, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 500
- Kremsmünster, Benediktinerstift 512
- Lambach, Benediktinerstift 534
- Linz, Jesuitenkirche (Alter Dom) 551
- Linz, Karmelitenkloster 566
- Linz, Seminarkirche Hl. Kreuz 572
- St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift 580
- Schlägl, Prämonstratenser-Chorherrenstift 607
- Schlierbach, Zisterzienserstift 621
- Waldhausen, Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 631
- Wilhering, Zisterzienserstift 638
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse –
- Literatur
- Zusammenfassung und Ausblick 659
- Zum Aufbau des Buchs 659
- Historischer Abriss 660
- Entwicklungsgeschichte der Kirchenmöbel 661
- Zur Einrichtung verschiedener Räume in Kirchen und Klöstern 662
- Zur Hierarchie sakraler Einrichtungen 663
- Die Auftraggeber und ihr Einfluss auf die Kunstentwicklung 663
- Zum Verhältnis zwischen Auftraggebern, Architekten und Handwerkern 665
- Zu den Tischlern 665
- Stilistische Entwicklung der Möbel 666
- Regionale Besonderheiten 667
- Fazit und Ausblick 668
- Glossar 670
- Ortsindex 678
- Künstlerverzeichnis 682
- Abkürzungsverzeichnis 688
- Abbildungsnachweis 692
- Literaturverzeichnis 693