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19Einleitung
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legungen zum Konzept des autobiographical life werden zeigen, dass nicht zuletzt die
genannten Künstler selbst daran aktiv beteiligt waren.
Im Fall von Alfred Kubin besteht die herausragende Situation, dass bereits zu
Lebzeiten des Künstlers ein eigenes Archiv für ihn angelegt wurde, das sich heute im
Münchner Lenbachhaus befindet und zumindest in Teilen für die vorliegende For-
schungsarbeit zugänglich war.14 Zudem gibt es eine immense Fülle an Forschungs-
literatur über den Künstler und neben einer veröffentlichten Autobiographie eine
Reihe weiterer autobiographischer Texte und eine Menge an Briefen, die teils als
Briefeditionen veröffentlicht vorliegen. Ähnlich zeigt sich die Situation in Bezug auf
Oskar Kokoschka: Neben den umfangreichen Beständen des Kokoschka-Nachlasses
in der Zentralbibliothek Zürich und des Kokoschka-Zentrums an der Universität
für Angewandte Kunst in Wien kann auf eine Reihe von veröffentlichter autobiogra-
phischer Literatur zurückgegriffen werden: Neben vier Bänden Briefkorrespondenz
gibt es weitere vier Bände, die das schriftliche Werk des Künstlers enthalten. Die
umfassende Edition ist teils unter Mitarbeit Kokoschkas von seiner Witwe Olda Ko-
koschka und dem Kunsthistoriker Heinz Spielmann herausgegeben worden.15 Ge-
rade in Bezug auf diese Editionen wurde in der Literatur bereits auf eine Reihe pro-
blematischer Faktoren hingewiesen, die vor allem in der Auswahl und den teilweise
intransparenten editorischen Eingriffen zu sehen sind.16 Andere Probleme stellten
sich im Falle von Aloys Wach, Erika Giovanna Klien und Margret Bilger, für die es
galt, Nachlassmaterial erst aufzuspüren. Meist in verstreutem Privatbesitz befindlich
war es nicht immer einfach, Übersicht über Nachlassbestände und Zugang dazu zu
bekommen. Im Fall von Aloys Wach sind es vor allem Tagebuchaufzeichnungen, die
neben manchen veröffentlichten oder unveröffentlichten Texten des Künstlers als
auto/biographisches Quellenmaterial herangezogen werden konnten. Nicht immer
gelang es, die Originale dabei auszumachen, vielfach liegen Quellen nur mehr in
Abschrift oder Kopie vor, wobei die Überlieferungsgeschichte nicht immer klar re-
konstruierbar war. Für Margret Bilger konnte auf eine umfangreiche Korrespondenz
sowie auf einige wenige von der Künstlerin selbst verfasste Lebensbeschreibungen
14 Durch den Umbau des Lenbachhauses in München in den letzten Jahren konnte das Archiv längere
Zeit nicht benutzt werden. Seit der Neueröffnung des Hauses steht zumindest ein Teil des Archivs
wieder zur Verfügung. Grundsätzlich zum Archiv vgl. http://www.lenbachhaus.de/das-museum/
forschung/museumsarchiv (2.9.2019).
15 Oskar Kokoschka, Briefe, Bd. I–IV. Hg. von Olda Kokoschka/Heinz Spielmann, Düsseldorf 1984–
1988; Heinz Spielmann (Hg.), Oskar Kokoschka. Das schriftliche Werk. Bd. 1–4. Hamburg 1973–
1976.
16 Vgl. Leo A. Lensing, Kokoschka lesen! Nörgelnde Anmerkungen eines Literaturhistorikers, in:
Hochschule für angewandte Kunst Wien (Hg.), Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven, Wien
1998.
Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
Zeitwesen
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Title
- Zeitwesen
- Subtitle
- Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Author
- Birgit Kirchmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23310-7
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 468
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 11
- Fragestellung und Ausgangsthesen 11
- Theoretische Bezugsrahmen 14
- Quellen 17
- „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
- 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
- 2 KünstlerInnen über sich 79
- 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
- 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
- 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
- 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
- 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
- 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
- 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
- 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
- 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
- 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
- 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
- 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
- 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
- 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
- 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
- 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
- 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
- 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
- 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
- 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
- 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
- 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
- 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
- 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
- 4.4 Nationalsozialismus 382
- 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
- 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
- 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
- 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
- 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
- Dank 426
- Abkürzungsverzeichnis 428
- Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
- Quellen- und Literaturverzeichnis 431
- Archive und Sammlungen 431
- Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
- Literatur und gedruckte Quellen 432
- Personenregister 463