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Zeitwesen - Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
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4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k.  u.  k. Monarchie | 345 1915 erlitten hat“, das heißt der von Kokoschka später als shell shock bezeichnete Zustand in Folge des Erlebnisses am Isonzo wird nicht dezidiert thematisiert. Di- agnostiziert wurden von Cassirer „Reiz- und Ausfallserscheinungen von seiten der linken Gehör- und Gleichgewichtsnerven und von seiten der linken Kleinhirnhälfte. Ausserdem bestehen allgemeine nervöse Beschwerden.“113 Der Leiter der Kunst- gruppe des KPQ, General Max Ritter von Hoen, schrieb Kokoschka am 10.  Oktober einen überaus wohlwollenden Brief, in dem er ihn aufforderte, sich zunächst einmal nur „zu kurieren“ und sich nicht wegen der Arbeit zu sorgen. Er erteilte ihm eine Urlaubsverlängerung bis Ende des Jahres.114 Im November 1916 schrieb Kokoschka seiner Mutter, dass er beabsichtige „nach Dresden in ein Sanatorium [zu] gehen“.115 Zweifellos war der Aufenthalt auch dazu bestimmt, eine neuerliche Einberufung möglichst hinauszuzögern bzw. zu verhindern: „Also ich will am 1.  Dez. nach Dresden in ein Sanatorium gehen, wo ich Freunde unter den Ärzten auch habe, die mich so lange als möglich dort beschützen. Es ist zwar teuer, aber jetzt kann ich mir es Gott sei Dank leisten, und erst zurückkommen, bis ich muß, oder bis ich kgl. sächs. Professor bin.“116 Kokoschka begab sich in das Sanatorium Dr.  Teuscher in Dresden. Schon vor der Jahrhundertwende hatte sich der Dresdner Stadtteil „Weißer Hirsch“ zu einem ve- ritablen Kurort entwickelt. Das prominenteste dort befindliche Sanatorium, von Heinrich Lahmann 1888 gegründet, konnte in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg auf eine Reihe prominenter Gäste verweisen, unter ihnen Rainer Maria Rilke, Tho- mas Mann, Franz Kafka und auch Kokoschkas enger Freund Albert Ehrenstein.117 Wie Lahmann führte auch Heinrich Teuscher sein Sanatorium unter dem Einfluss 113 ÖStA, KA, KPQ, Karton 34, Fasz. Oskar Kokoschka, Attest Dr.  R. Cassirer, Berlin 18.9.1916. 114 ZBZ, NL Olda Kokoschka E 2004, Karton 05/11/IV/4, Mappe Ärzte 1915–16, Maximilian Hoen an OK, Wien 10.10.16. Auf die wohlwollende und aus militärischer Sicht wenig strenge Umgangs- weise des KPQ-Kommandanten Hoen gegenüber den Mitgliedern der Kunstgruppe wird auch in der Literatur verwiesen, sie war Mitgrund dafür, dass Hoen 1917 von seinem ehemaligen Stellver- treter Wilhelm Eisner-Buba abgelöst wurde. Vgl. Trubel, Die Künstler und der Krieg, 34f. 115 In der Autobiographie schreibt Kokoschka, bei einer Fahrt von Berlin nach Dresden am Dresdner Bahnhof von Fritz Neuberger, einem im Sanatorium Teuscher tätigen Arzt, angesprochen worden zu sein, der ihm – offenbar auf Vermittlung des gemeinsamen Bekannten Albert Ehrenstein – zu dem Sanatoriumsaufenthalt geraten habe. Vgl. Kokoschka, Mein Leben, 160f. 116 OK an Romana Kokoschka, [Berlin] 26.11.1916, zit. nach Kokoschka, Briefe I, 259. 117 Vgl. Albrecht Scholz, Ärzte und Patienten in Dresdner Naturheilsanatorien, in: Medizin-Bibliothek- Information 4 (2004) 1, 13–19. Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
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Zeitwesen Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Title
Zeitwesen
Subtitle
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Author
Birgit Kirchmayr
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23310-7
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
468
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 11
  2. Fragestellung und Ausgangsthesen 11
  3. Theoretische Bezugsrahmen 14
  4. Quellen 17
  5. „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
  6. 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
    1. 1.1 Auto/Biographieforschung 33
      1. 1.1.1 Lebenslauf, Biographie, Autobiographie oder Auto/Biographie? 34
      2. 1.1.2 Auto/Biographie und Geschichtswissenschaft 39
      3. 1.1.3 Auto/Biographie und Geschlecht 47
    2. 1.2 Künstlerauto/biographie 51
      1. 1.2.1 Von Vasaris Viten bis „Inventing Leonardo“: Zur Geschichte der Künstlerbiographik 51
      2. 1.2.2 „Biographische Formeln“: Die „Legende vom Künstler“ 54
      3. 1.2.3 Geniekonzept und Autobiographical Life 59
    3. 1.3 Auto/Biographische Quellen 63
      1. 1.3.1 Autobiographie 65
      2. 1.3.2 Brief 66
      3. 1.3.3 Tagebuch 72
  7. 2 KünstlerInnen über sich 79
    1. 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
      1. 2.1.1 Der Künstler, sein Archivar und sein Nachlass 80
      2. 2.1.2 Die Autobiographie „Aus meinem Leben“ (1911–1952) 83
    2. 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
      1. 2.2.1 Der Künstler als Erzähler 105
      2. 2.2.2 Die Autobiographie „Mein Leben“ (1971) 109
    3. 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
      1. 2.3.1 Autobiographisches in Tagebüchern und Briefen 136
      2. 2.3.2 „Biographische Notizen“ (1929) 138
    4. 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
      1. 2.4.1 Erklärungen zu einem Negativbefund 150
      2. 2.4.2 Die „Klessheimer Sendboten“ (1927) 154
    5. 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
      1. 2.5.1 Versuch einer Verweigerung 164
      2. 2.5.2 Der „Lebensbericht“ (1968) 166
    6. 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
  8. 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
    1. 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
      1. 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
      2. 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
      3. 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
      4. 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
    2. 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
      1. 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
      2. 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
      3. 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
      4. 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
    3. 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
      1. 3.3.1 Alfred Kubin: Von der Ariosophie zum Buddhismus 277
      2. 3.3.2 Aloys Wach, die Kabbala und Jesus Christus als „Okkultist“ . . . . . . . 284 Exkurs: Die „Affäre Schappeller“ 291
    4. 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
  9. 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
    1. 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
    2. 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
      1. 4.2.1 Kubin, der Krieg und das Ende der „alten Ruhe“ 321
      2. 4.2.2 „Ich bin so froh, dass ich noch lebe“: Oskar Kokoschka und der Erste Weltkrieg 328
    3. 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
      1. 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
      2. 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
      3. 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
      4. 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
    4. 4.4 Nationalsozialismus 382
      1. 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
      2. 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
      3. 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
      4. 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
    5. 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
  10. Dank 426
  11. Abkürzungsverzeichnis 428
  12. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
  13. Quellen- und Literaturverzeichnis 431
  14. Archive und Sammlungen 431
  15. Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
  16. Literatur und gedruckte Quellen 432
  17. Personenregister 463
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