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Zeitwesen - Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
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| 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus402 bis Ende Juli 1937 für Kokoschka in Wien Zeit zu gewinnen, nachdem in München bereits die Ausstellung „Entartete Kunst“ eröffnet worden war.276 Zeitgleich zu Kokoschkas Bemühungen, einen Teil seines Werkes in Sicherheit zu bringen, kam es in Deutschland tatsächlich bereits zum Zugriff auf seine Werke. Für Kokoschka war es unmöglich zu erfahren, wie viele Bilder insgesamt betroffen waren. Edith Hoffmann schrieb in ihrer 1943 verfassten Kokoschka-Monographie von acht Werken, die in der Ausstellung „Entartete Kunst“ vertreten waren. Nach Forschungsstand von Gloria Sultano aus dem Jahr 2003 konnten neun Gemälde, ein Aquarell, ein Plakat und fünf graphische Blätter identifiziert werden, die in der Ausstellung gezeigt worden waren.277 Beschlagnahmt wurden aber wesentlich mehr Werke Kokoschkas.278 Dank der verstärkten Forschungsbemühungen zur Geschichte der „entarteten Kunst“ kann mittlerweile auf eine online zugängliche Datenbank zugegriffen werden, die auf Basis der nationalsozialistischen Beschlagnahmeproto- kolle umfassendes Datenmaterial anbietet. Nach dieser Datenbank sind gegenwärtig 630 Werke (davon 34 Gemälde) Kokoschkas bekannt, die von der Beschlagnahme- aktion betroffen waren.279 Kokoschka konnte dem lediglich seine Form von subtilem Widerstand entgegen- setzen. Sein Selbsporträt von 1937 gehört dazu. Seine Biographin Edith Hoffmann be- zeichnete es als „his reply to the condemnation his works had suffered in Germany“.280 Vom Künstler schien es aber kaum eine Erklärung hinsichtlich des so offensichtlichen politischen Hintergrunds gegeben zu haben. Die ausführlichen Erläuterungen zum Bild, die Hoffmann von Kokoschka erhielt und in ihrem Buch zitiert, sind ausschließ- 276 Zu Biographie und Schicksal von Richard Ernst während der NS-Ära vgl. Sultano, „Eine Art Schwanengesang“, 58  ff; Rainald Franz/Leonhard Weidinger, Die Direktion Richard Ernst. Vom Österreichischen Museum für Kunst und Industrie zum Österreichischen Museum für angewandte Kunst, in: Gabriele Anderl u.a. (Hg.), … wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommis- sion für Provenienzforschung, Wien 2009, 412–430. 277 Sultano, OK und die Ausstellung „Entartete Kunst“, in: Sultano/ Werkner (Hg.), Oskar Kokoschka, 99f. 278 Nach längerer Unklarheit über die Zuständigkeit und das weiteren Vorgehen mit der beschlagnahm- ten „entarteten“ Kunst wurden die betroffenen Objekte 1938 in sechs unterschiedliche „Verwertungs- gruppen“ eingeteilt. Etwa 5000 Kunstwerke wurden als „international verwertbar“ eingestuft und gegen Devisen über den Schweizer Kunsthandel verkauft, darunter auch Werke Kokoschkas. Vgl. Meike Hoffmann, Verboten und verborgen. Lagerorte „Entarteter Kunst“, in: Sabine Loitfellner/Pia Schölnberger (Hg.), Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus. Mythen-Hintergründe-Auswir- kungen Wien 2016, 401–420; Sultano, OK und die Ausstellung „Entartete Kunst“, 110  ff. 279 Vgl. Datenbank „Entartete Kunst“ der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ der Freien Univer- sität Berlin, abrufbar unter http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/db_entart_kunst/datenbank/ (2.9.2019). 280 Hoffmann, Kokoschka, 214. Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
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Zeitwesen Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Title
Zeitwesen
Subtitle
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
Author
Birgit Kirchmayr
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23310-7
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
468
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Einleitung 11
  2. Fragestellung und Ausgangsthesen 11
  3. Theoretische Bezugsrahmen 14
  4. Quellen 17
  5. „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
  6. 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
    1. 1.1 Auto/Biographieforschung 33
      1. 1.1.1 Lebenslauf, Biographie, Autobiographie oder Auto/Biographie? 34
      2. 1.1.2 Auto/Biographie und Geschichtswissenschaft 39
      3. 1.1.3 Auto/Biographie und Geschlecht 47
    2. 1.2 Künstlerauto/biographie 51
      1. 1.2.1 Von Vasaris Viten bis „Inventing Leonardo“: Zur Geschichte der Künstlerbiographik 51
      2. 1.2.2 „Biographische Formeln“: Die „Legende vom Künstler“ 54
      3. 1.2.3 Geniekonzept und Autobiographical Life 59
    3. 1.3 Auto/Biographische Quellen 63
      1. 1.3.1 Autobiographie 65
      2. 1.3.2 Brief 66
      3. 1.3.3 Tagebuch 72
  7. 2 KünstlerInnen über sich 79
    1. 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
      1. 2.1.1 Der Künstler, sein Archivar und sein Nachlass 80
      2. 2.1.2 Die Autobiographie „Aus meinem Leben“ (1911–1952) 83
    2. 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
      1. 2.2.1 Der Künstler als Erzähler 105
      2. 2.2.2 Die Autobiographie „Mein Leben“ (1971) 109
    3. 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
      1. 2.3.1 Autobiographisches in Tagebüchern und Briefen 136
      2. 2.3.2 „Biographische Notizen“ (1929) 138
    4. 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
      1. 2.4.1 Erklärungen zu einem Negativbefund 150
      2. 2.4.2 Die „Klessheimer Sendboten“ (1927) 154
    5. 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
      1. 2.5.1 Versuch einer Verweigerung 164
      2. 2.5.2 Der „Lebensbericht“ (1968) 166
    6. 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
  8. 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
    1. 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
      1. 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
      2. 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
      3. 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
      4. 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
    2. 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
      1. 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
      2. 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
      3. 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
      4. 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
    3. 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
      1. 3.3.1 Alfred Kubin: Von der Ariosophie zum Buddhismus 277
      2. 3.3.2 Aloys Wach, die Kabbala und Jesus Christus als „Okkultist“ . . . . . . . 284 Exkurs: Die „Affäre Schappeller“ 291
    4. 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
  9. 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
    1. 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
    2. 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
      1. 4.2.1 Kubin, der Krieg und das Ende der „alten Ruhe“ 321
      2. 4.2.2 „Ich bin so froh, dass ich noch lebe“: Oskar Kokoschka und der Erste Weltkrieg 328
    3. 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
      1. 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
      2. 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
      3. 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
      4. 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
    4. 4.4 Nationalsozialismus 382
      1. 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
      2. 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
      3. 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
      4. 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
    5. 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
  10. Dank 426
  11. Abkürzungsverzeichnis 428
  12. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
  13. Quellen- und Literaturverzeichnis 431
  14. Archive und Sammlungen 431
  15. Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
  16. Literatur und gedruckte Quellen 432
  17. Personenregister 463
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