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Revolte und Reife 020
Nach dem Wehrdienst setzte Rolf sein Studium fort und schloss im Jahr 1910 mit der 2.
Staatsprüfung ab. Als Abschlussarbeit erhielt er die Aufgabe, Pläne für eine Kleine Ba-
deanstalt zu erstellen. (Abb. 6) Die Arbeit zeigt ein schlicht ausgeführtes Hauptgebäu-
de, dem die Männer- bzw. Frauenabteilung symmetrisch angefügt sind. Rolf verzichtet
auf Ornamente und akzentuiert die glatte Fassade nur mit schmalen Dekorleisten. (Abb.
7) Große Fenster und eine breite Glastüre im Untergeschoß demonstrieren funktiona-
le Modernität. Durch einen polygonalen Erker im Obergeschoß und vor allem das hohe
Mansarddach bietet das Gebäude dessen ungeachtet ein sehr malerisches Erscheinungs-
bild. Bemerkenswert ist diese Synthese der modernen Formulierung des Baukörpers mit
dem traditionellen Formenrepertoire des Daches auch deshalb, weil diese Art der Ver-
knüpfung ein typisches Merkmal von Rolfs Architektur werden wird. Deutlich ist an den
Schnitten, Aufrissen und vielen Detailausführungen zu erkennen, dass der Schwerpunkt
der Arbeit auf der technischen Ausführung, der Konstruktion und Statik lag. Auch für
diese Arbeit bekam Rolf eine sehr gute Beurteilung.
Da in der Technischen Hochschule der Unterricht in technischen Fächern im Vorder-
grund stand, besuchten viele junge Architekten nach der zweiten Diplomprüfung zusätz-
lich die Akademie der bildenden Künste, wo vor allem die künstlerischen Aspekte der
Baukunst in den Mittelpunkt gestellt wurden. Wie in der Technischen Hochschule unter-
richteten auch in diesem Institut bekannte und bedeutende Wiener Architekten, wie etwa
Theophil Hansen, der Erbauer des Parlaments, Friedrich Schmidt, der Erbauer des Rat-
hauses, oder August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll, die Erbauer der
Wiener Oper. Ein wesentlicher Teil der Ausbildung an der Akademie galt der Unterwei-
6 Kleine Badeanstalt,
Abschlussarbeit TH, 1910 7 Kleine Badeanstalt,
Abschlussarbeit TH, Detail
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273