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Zwischen Abenteuer und Architektur 025
men, spielte Tennis und verbrachte vor allem beim Ruderklub »Normannen« viel Zeit
mit Trainings auf der Donau. Mit seiner Rudermannschaft beteiligte er sich an Wettbe-
werben in Regensburg, Budapest und Wien, wo auch immer wieder Erfolge errungen
werden konnten. (Abb. 10)
Alle Liebe zu Tieren, zur Natur und zum Sport wurde jedoch von Rolfs Begeisterung für
seinen Beruf übertroffen, und mit Spannung sah er nach Abschluss seines Studiums und
seiner Praxis bei Otto Wagner seinem neuen Wirkungsbereich als Architekt entgegen.
Zu Beginn seiner Tätigkeit im Jahr 1911 fand er eine breite Palette an Gestaltungsmög-
lichkeiten vor. Das secessionistische Vokabular wurde zwar nach wie vor mit der Moder-
ne gleichgesetzt, war jedoch mehr und mehr zur inflationären Dekorationskunst mutiert,
und das zunächst als überwunden geglaubte Barock erhielt als »Nationalstil« neue Auf-
merksamkeit. Gleichzeitig machte sich eine neuerliche Zuwendung zu klassizierenden
Formen bemerkbar. Eine neue architektonische Auffassung zeigte sich im sogenannten
Heimatstil, bei dem bodenständige, ländliche Formulierungen in die aktuelle Bautätig-
keit sowohl am Land als auch in der Stadt aufgenommen wurden. Nicht zuletzt zeichnete
sich bereits ein Trend zu einer einfacheren Ausdrucksweise und klaren Formensprache ab.
Als Beispiele für die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten können etwa das von Rolfs
ehemaligem Lehrer Otto Wagner im Jahr 1910 errichtete Miethaus in der Döblergasse
2–4, Wien 7, genannt werden, das in seiner sachlichen Ausdrucksform Wagners Spät-
werk charakterisiert, oder die zwischen 1911 und 1918 errichtete Österreichische Natio-
nalbank in Wien 9, Otto-Wagner-Platz 3 ( 1911–1918 ) von Leopold Bauer, der sich als ehe-
maliger Wagner-Schüler nunmehr einer klassizierenden Formensprache bediente. Ein
weiterer Wagner-Schüler, Josef Plecnik, beschritt mit der 1911 bis 1913 als nüchterner Ei-
senbetonbau errichteten Hl.-Geist-Kirche in Wien 16, Herbststraße neue Wege. Und ei-
10 Rolf beim Rudersport
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273