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Revolte und Reife 034
der Figuren an Otto Wagner, der immer wieder große Figurenplastiken an Fassaden
anbrachte, so etwa bei der Postsparkasse, wo die großen Frauenplastiken ebenfalls in
Firsthöhe stehen. Die Innenausstattung des Hotels mit ihrem weiß geäderten schwarzen
Marmor erinnert wiederum an die Gestaltungsweise eines Adolf Loos und die ortho-
gonalen, schwarz-weißen Wandverkleidungen an die eines Josef Hoffmann. Der Entwurf
für einen Saal zeigt, dass sogar eine Bühne für diverse Veranstaltungen vorgesehen war.
Stilistisch bemerkenswert sind hier die Lampen in quasi reinstem Jugendstil. (
Farbabb. 5
)
Als begeisterter Ruderer und engagiertes Mitglied im ruderKluB »normannen« war
Rolf besonders erfreut, als er im Jahr 1912 den Auftrag erhielt, im niederösterreichischen
Klosterneuburg ein Klubhaus zu erbauen. ( Farbabb. 6 ) Außergewöhnlich ist, dass Rolf
bei diesem Bau den Verwendungszweck trotz der schlichten Formensprache metapho-
risch illustriert und damit klar zum Ausdruck bringt. Das Gebäude ist in moderner Be-
ton-Ständerbauweise konstruiert und erinnert durch seinen polygonalen Abschluss an
der Schmalseite einerseits an einen Schiffsrumpf, andererseits liegt das Klubhaus mit sei-
ner Längsseite parallel zur Donau und wirkt auf diese Weise wie ein am Ufer vor Anker
liegendes Schiff. (Abb. 22 und 23)
Das Äußere des Gebäudes akzentuiert Rolf durch sparsamen geometrischen Dekor aus
Quadraten und Ellipsen – Formen, die sich auch in der Sprossenunterteilung der Fens-
ter und der Balkongeländer wiederholen. Interessant ist, dass Rolf allerdings doch nicht
ganz auf malerische Details verzichten will. Denn die strikte Geometrisierung wird durch
schmiedeeiserne, reich verzierte »Arme« konterkariert, an denen der Balkon aufgehängt
zu sein scheint. ( Farbabb. 7 )
22 Ruderklub Normannen,
Seitenansicht, Entwurf, 1912
23 Ruderklub Normannen, im Bau
Rolf Geyling (1884-1952)
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rolf Geyling (1884-1952)
- Untertitel
- Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
- Autor
- Inge Scheidl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79585-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 292
- Schlagwörter
- Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Revolte und Reife 8
- Eine Künstlerfamilie 9
- Zwischen Abenteuer und Architektur 15
- Mädy 35
- Mobilisierung und Krieg 41
- Der Weg an die Ostfront 41
- Die Schlacht von Lemberg 48
- »Durch Landesbewohner verraten« 59
- Die Sanoffensive 62
- Schlacht bei Krakau 65
- Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
- Die »Angriffshast« der Infanterie 68
- Warten auf Befehle 70
- Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
- Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
- Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
- Kriegsgefangenschaft 91
- Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
- »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
- Die Jahre in Sibirien 96
- Der Transport in die Lager 96
- Dauria 115
- Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
- Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
- Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
- China 173
- Ankunft 173
- Dies ist ja eine Übergangszeit 182
- Aufträge und Rückschläge 189
- Das architektonische Werk 199
- Städtebauliche Planungen 203
- Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
- Villen 214
- Miethäuser 221
- Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
- Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
- Sehnsucht nach Österreich 238
- Ewige Ungewissheit 247
- Lao Gai Lin 257
- Epilog 265
- Literatur 269
- Bildnachweis 272
- Farbteil 273