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Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Seite - 49 -
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Seite - 49 - in Rolf Geyling (1884-1952) - Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten

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Die Schlacht von Lemberg 049 blutüberströmter Kavallerist wird eben von einem Bauernwagen gehoben und einge- bracht. Das waren die ersten Verwundeten und auch die ersten Merkmale des nahen Kampfes, bis dahin dachte ich noch längst nicht ein Schlachtfeld und Blut so bald zu se- hen; nun plötzlich steht es nahe vor mir, also ist es wirklich so ernst und der Gegner so nahe. Der Aufenthalt in diesem Raume war mir unerträglich und von starkem Eindruck, rasch verließ ich mit einer Reservelampe, die ich erhalten hatte das Haus; der Gedanke aber hielt mich noch lange zurück. Die folgenden Stunden jagen ununterbrochen Eskadronen durch die stockfinstere Ortsstraße, an der Division vorbei; sie jagen hinaus gegen den Feind. Um 1Uhr 45’ v.m. trifft die Nachricht ein, Weg passierbar. Als alle Kavallerie passiert treten auch wir den Marsch an durch den finsteren Ort; draußen in der Landschaft ist es schwach Mondhell. Antritt des Marsches um 3 Uhr morgens; alle Lichter gelöscht, geräuschlos. Schwacher Mondschein, tiefe Sandwege durch Wälder; bald erkennt man den ersten Dämmerschein. [  …  ] So geht der fast unheimliche Marsch bis die Dämmerung alles hellt und wärmt. Aber auch da muss nach allen Seiten Vorsicht walten, denn feindliche Kavallerie oder Kosaken sind nun überall und zu jeder Zeit zu erwarten. Als eine der ganz wenigen Textstellen in Rolfs Feldtagebuch vermittelt der erste Teil die- ser Passage einen Eindruck von der emotionalen Betroffenheit, der sich Rolf trotz seiner sachlich-beobachtenden Grundhaltung zumindest am Beginn der Kriegsgeschehnisse doch nicht entziehen konnte, da ihm der – noch ungewohnte – Anblick der Verwunde- ten offenkundig zu schaffen machte. Allerdings ist Rolf von Anfang an darauf bedacht, subjektive Erfahrung von objektivierbaren Fakten sorgfältig zu unterscheiden, was zu- nächst sogar im formalen Aufbau seines Tagebuchs Niederschlag fand. So beinhalten zu Beginn seiner Tagebucheinträge die rechten Seiten das »dienstliche Tagebuch«, in dem Rolf minutiös die eingetroffenen Befehle, die resultierenden Truppenbewegun- gen mit genauen Uhrzeit- und Ortsangaben, die wechselnden Zusammenstellungen der Kolonnen und zum Teil auch die Namen der Kommandanten dokumentiert. Insge- samt verzeichnet Rolf auf diese Weise rund 200 Orte, die er im Zuge der Kriegshand- lungen bzw. der Rückzugsgefechte und Gegenangriffe passiert hat, und ergänzt diese Ortsangaben um die Zuweisung der Zielräume für die Beschießung mit genauen »Ko- ten«, d. h. Höhenpunkten. Wenn Kampfhandlungen erwartet wurden, zeichnete er de- taillierte Skizzen der Orte, der umliegenden Häuser, Straßen sowie Flüsse, er vermerkt die Positionierung der Batterien und die strategisch relevanten Bezugspunkte der feind- lichen Zielräume. (Abb. 27) Die linken Seiten des Feldtagebuchs waren demgegenüber als Raum für persönliche Aufzeichnungen gedacht beziehungsweise, wie Rolf betont, der Wiedergabe »privater
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Rolf Geyling (1884-1952) Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rolf Geyling (1884-1952)
Untertitel
Architekt zwischen Kriegen und Kontinenten
Autor
Inge Scheidl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79585-8
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
292
Schlagwörter
Architektur, Historismus, Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Erster Weltkrieg, Ostfront, Kriegsgefangenschaft, Sibirien, China, Tianjin
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Revolte und Reife 8
  2. Eine Künstlerfamilie 9
  3. Zwischen Abenteuer und Architektur 15
  4. Mädy 35
  5. Mobilisierung und Krieg 41
  6. Der Weg an die Ostfront 41
  7. Die Schlacht von Lemberg 48
  8. »Durch Landesbewohner verraten« 59
  9. Die Sanoffensive 62
  10. Schlacht bei Krakau 65
  11. Kriegsalltag in der k. u. k. Armee 67
  12. Die »Angriffshast« der Infanterie 68
  13. Warten auf Befehle 70
  14. Bewegungskrieg in Nässe und Schlamm 74
  15. Schlacht bei Limanowa-Lapanow 78
  16. Die Schlacht von Tarnow-Gorlice 81
  17. Kriegsgefangenschaft 91
  18. Berichte zwischen Verklärung und Traumabewältigung 91
  19. »Kriegsordnung« und Kriegsgefangenenrealität 94
  20. Die Jahre in Sibirien 96
  21. Der Transport in die Lager 96
  22. Dauria 115
  23. Architekturentwürfe in der Gefangenschaft 139
  24. Zwischen den Fronten der »Weißen« und »Roten« Garde 149
  25. Antipicha – Perwaja-Rjetschka – Wladiwostok 159
  26. China 173
  27. Ankunft 173
  28. Dies ist ja eine Übergangszeit 182
  29. Aufträge und Rückschläge 189
  30. Das architektonische Werk 199
  31. Städtebauliche Planungen 203
  32. Öffentliche Gebäude und Geschäftsbauten 204
  33. Villen 214
  34. Miethäuser 221
  35. Gesellschaftliches Leben gibt es hier genug 224
  36. Wir leben recht abgeschlossen für uns 230
  37. Sehnsucht nach Österreich 238
  38. Ewige Ungewissheit 247
  39. Lao Gai Lin 257
  40. Epilog 265
  41. Literatur 269
  42. Bildnachweis 272
  43. Farbteil 273
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